Frage an Julia Verlinden von Philipp P. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Verlinden, es geht mir um die Autobahnprivatisierung.
Der Bundesrat hat eine Stellungnahme der Bundesregierung zu siebzig Änderungen des Grundgesetzes eingefordert.
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811131.pdf
Die Bundesregierung hat diese Anfrage jedoch vollständig zurückgewiesen.
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811186.pdf
Die Beteiligung des Bundesrates ist also nur noch formal, jedoch nicht inhaltlich.
Damit setzt die Bundesregierung offensichtlich darauf dass am Ende die Ministerpräsident/-innen ein Machtwort sprechen.
Vor Anhörungen im Bundestag könnte aber schon der Koalitionsausschuss entscheiden.
Mit Demokratie hat das dann nichts mehr zu tun.
Das zivilrechtliche Eigentum ist nach Artikel 90 des Grundgesetzes dem Bund zugeordnet, die Veräußerung an private Gesellschaften bleibt ausgeschlossen.
Damit wird aber nicht ausgeschlossen das Nutzungsrechte in großem Umfang auf private Gesellschaften übertragen werden können.
Folglich können private Gesellschaften beteiligt werden, aber ohne, dass es jmd. Bemerkt.
Was werden Sie gegen die Autobahnprivatisierung tun?
Außerdem weshalb soll es notwendig sein, die durch die Steuern der Bürger finanzierte öffentliche Infrastruktur an die Finanzindustrie zu verscherbeln?
Siehe auch Unterschriftenaktion gegen die Autobahnprivatisierung:
https://www.gemeingut.org/civi-public/?page=CiviCRM&q=civicrm/petition/sign&sid=20&reset=1
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Ponitka
Sehr geehrter Herr Ponitka,
vielen Dank für Ihre Frage zur Autobahnprivatisierung.
Ich kann Ihre Kritik gut nachvollziehen. Auch wir Grünen widersprechen den Plänen der Bundesregierung, weitreichende Änderungen des Grundgesetzes durchzuführen, um Autobahnen zu privatisieren. Die bisherige Debatte um die Gesetzesänderungen für eine Privatisierung der Autobahnen beschäftigt uns Grüne sehr. Mit den vorliegenden Planungen der Bundesregierung zur Bundesfernstraßengesellschaft droht die große Privatisierung durch die Hintertür: Die geplante Straßenbaugesellschaft kann potentiell große ÖPPs (Öffentlich-private Partnerschaften) mit Anlagemöglichkeiten für Investoren wie in Frankreich ermöglichen. Zudem ist eine eigenmächtige Kreditaufnahme der Gesellschaft in den Gesetzesentwürfen bisher nicht ausgeschlossen. Für uns ist ganz klar: Die Straßen gehören allen. Dafür muss die Politik dauerhaft sorgen. Der Gesetzgeber muss hier ganz klar sein: Keine Privatisierung, in keiner Form und zu keinem Zeitpunkt!
Wir wollen und brauchen keine Endlos-Straßenbaumaschine ohne parlamentarische Kontrolle. Die Politik muss klare Ziele vorgeben und dann wirksam steuern und kontrollieren. Der Schwerpunkt im Straßenbau muss klar auf dem Erhalt des bereits bestehenden Netzes liegen. Als Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssen wir effektiv kontrollieren können, dass diese Ziele eins zu eins umgesetzt werden, und auch, was mit Maut und Steuergeld gemacht wird. Die großen Probleme bei den laufenden ÖPPs und die fehlende Transparenz und Kontrolle bei der Deutschen Bahn AG müssen eine Warnung sein. Es besteht Reformbedarf bei dem derzeitigen Management und der Struktur des Bundesfernstraßenbaus: Die Zuständigkeiten sind unübersichtlich, die Mittelverwendung ist häufig ineffizient, die Bundesverkehrswegeplanung ist überwiegend zur „Wahlkreisbeglückungsmaschine“ verkommen. Der neue Bundesverkehrswegeplan 2030 hat wieder einmal gezeigt: anstatt das Gesamtnetz zu betrachten, Alternativlösungen umzusetzen und ausreichend Erhaltungsmittel bereitzustellen, wird weiterhin auf den Neubau vieler überflüssiger Straßen gesetzt. (mehr dazu unter www.gruene-bundestag.de/bvwp) Wir Grüne setzen uns dafür ein, diese Entwicklungen zu stoppen und mit neuen Mobilitätsformen, transparenter Politik und unserem grünen Bundesnetzplan die Bundesverkehrswegeplanung zukunftsfähig zu gestalten.
Bei den anstehenden Verhandlungen der Gesetzentwürfe zur Gründung der Bundesfernstraßengesellschaft werden wir uns weiterhin kritisch in die Debatte einbringen und den vorliegenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung zur Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft nicht zustimmen. Wir kämpfen für eine starke parlamentarische und öffentliche Kontrolle dieser Gesellschaft. Eine Umgehung der Schuldenbremse und der Maastrichtkriterien durch diese Gesellschaft muss ausgeschlossen werden. Schließlich wollen wir Probleme lösen und keine neuen schaffen!
Weitere Informationen zu unserer Verkehrspolitik können Sie unter https://www.gruene-bundestag.de/themen/mobilitaet.html abrufen.
Mit besten Grüßen
Julia Verlinden