Frage an Jürgen Scharf von Rene W. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Scharf,
wie stehen sie zur langfristigen Reform der föderalen Strukturen ? Wie könnte eine Aufgaben- und Finanzierungstrennung zwischen Bund und Land aussehen ? Werden sie sich für einen Länderzusammenschluß einsetzen ?
Sehr geehrter Herr Wiermer,
vielen dank für Ihr Interesse! Lassen Sie mich Ihre Fragen wie folgt beantworten:
Ich bin gegen eine Auflösung des Landes Sachsen-Anhalt! Weder die Größe des durch eine Zusammenlegung entstandenen Wirtschaftraumes oder die Einspareffekte im Bereich der politischen Führung (Landtag, Landesregierung etc. i.H.v. ca. 10 Mio. EUR p.a.) führen zu der zwingenden Notwendigkeit, unser Land aufzulösen. Die aufstrebenden EU-Neumitglieder im Baltikum oder Österreich beweisen, dass die Größe eines Staates (bzw. eines Bundeslandes) nicht allein ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg ist. Der durch die Länderneugliederung mögliche Einspareffekt ist im Vergleich zu den Schulden des Landes Sachsen-Anhalt (ca. 20 Mrd. EUR) und dem Haushaltsvolumen Sachsen-Anhalts (ca. 10 Mrd. EUR) so gering, dass eine Auflösung des Landes keine signifikante Verbesserung unserer finanziellen Situation bringen würde. Es ist sogar anzunehmen, dass in der Gründungsphase des neu zu gründenden Bundeslandes sogar kurzzeitig höhere Verwaltungskosten anfallen. Ich bin der Überzeugung, dass durch weitere eigene Anstrengungen und bei Fortsetzung des von uns eingeschlagenen Reform- und Konsolidierungskurses unser Land eine realistische Chance hat, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.
Freilich bin ich für eine verstärkte Kooperation im mitteldeutschen Raum, dass soll bis hin zur Bildung gemeinsamer Einrichtungen gehen. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist die Dreiländeranstalt MDR. Also: Zusammenarbeit nicht Fusion ist unser Ziel.
Bund und Länder haben sich auf die Umsetzung der Föderalismusreform und damit der bedeutendsten Verfassungsreform in der Geschichte des Grundgesetzes geeinigt. Dies ist ein großer Erfolg und ein Beweis für die Reformfähigkeit der Großen Koalition. Mit der Entflechtung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern wird die Handlungsfähigkeit unseres Staates erheblich gestärkt und alle Seiten - Bund, Länder und die Kommunen - profitieren davon.
Wie im Koalitionsvertrag beschlossen und auch mit der FDP vereinbart, soll in diesem Zusammenhang nun auch die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in Angriff genommen werden. Sie müssen den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb Deutschlands, insbesondere für Wachstums- und Beschäftigungspolitik, dringend angepasst werden. Der Kompromiss, der sich weitestgehend mit der Koalitionsvereinbarung deckt, wird die Aufgaben- und Finanzierungstrennung in der Bundesrepublik auf vertretbare Weise lösen. Ich empfehle Ihnen, die Koalitionsvereinbarung zur weiteren Beantwortung Ihrer Frage zu Rate zu ziehen. Sie können diese unter http://www.cdu.de/doc/pdf/05_11_11_Koalitionsvertrag_Langfassung_navigierbar.pdf einsehen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Scharf