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Jürgen Kucharczyk
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Frage von Hans-Peter B. •

Frage an Jürgen Kucharczyk von Hans-Peter B. bezüglich Familie

Werdende Mütter denken heute schon während ihrer Schwangerschaft darüber nach, wie sie möglichst schnell den Nachwuchs nach der Geburt wieder in irgendeine Kita oder andere unmenschlische Einrichtung abschieben können, während die Käfighaltung für Legehennen verboten werden soll. Haben Sie schon einmal in die Augen von Kindern geschaut, die in unwohnlichen Schulen und Kindergärten bleiben müssen, wenn ihre Freunde mittags abgeholt werden ?
Diese Kinder können überhaupt kein Familienleben erlernen und werden folglich später häufig zu herumlungernden Jugendlichen ohne Schulabschluß, was dem Bürger teuer zu stehen kommt.
Es müßte doch die Aufgabe der Politik sein, Kindererziehung wesentlich mehr in den Vordergrund zu stellen und finanziel zu fördern, als dafür zu sorgen, daß Frauen weiterhin "ihrem Beruf" nachgehen können.
Mütter sollten sich um ihre Kindern, die sie in die Welt gesetzt haben, kümmern und nicht schon während der Schwangerschaft um ihre Karriere sorgen. Diejenigen, die das nicht akzeptieren bzw. Kinder abschieben wollen, sollten als Ausgleich wesentlich höhere Steuern / Strafen zahlen. Die Vernachlässigung des Nachwuchses ist eine Schande für den Staat.
Sehr geehrter Herr Kucharczyk, ich würde mich freuen, wenn Sie meine Meinung auch der Familienministerin vortragen würden, welche sich immer wieder als "Übermutter" präsentiert, was Sie - bedingt durch ihre politische Tätigkeit - gar nicht sein kann. Ihre Kinder sind vermutlich froh, wenn sie möglichst oft in Berlin ist und nicht für Foto-shootings zur Verfügung stehen müssen.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Peter Boden

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Boden,

ich teile und toleriere Ihre berufstätigen Frauen und deren Kindern sowie der Ministerin Frau von der Leyen abfällige Meinung nicht. Das Bild der Alleinverdienerfamilien ist zwar noch weit verbreitet, aber dieses Bild wird dem heutigen Familien- und Arbeitsleben nicht mehr gerecht.

Die Politik, der Staat oder auch Privatpersonen dürfen den Menschen nicht vorschreiben, wie sie leben wollen. Unsere Aufgabe ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit junge Menschen – so wie sie es wollen – sich für Kinder und Familie entscheiden können. Wir als Sozialdemokraten sind dem Grundsatz verpflichtet, dass Familie dort ist, wo Kinder sind. Auch die CDU/CSU stimmt unserer Position im Koalitionsvertrag zu, dass wir die Leistungsfähigkeit und Eigenverantwortung von Familien stärken wollen, „angefangen von traditionellen Familien bis hin zu Patchwork-, Stief- und Einelternfamilien“.

In den alten Ländern der Bundesrepublik wurden die zahlreichen Leistungen zur Familienförderung zu wenig auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hin ausgerichtet. Viel zu lange prägte in Westdeutschland die Alleinverdienerfamilie, in der die Mutter die Betreuung und Erziehung der Kinder übernahm, das Gesellschaftsbild. Eine berufstätige Frau, die ihre Kinder einer Betreuungseinrichtung anvertraute galt und gilt bedauerlicherweise zum Teil noch immer als „Rabenmutter“. Auch die Förderung von Familien war viel zu stark auf dieses Familienmodell ausgerichtet.

Dabei sieht die Realität in unserer Gesellschaft tatsächlich anders aus. Die Mehrheit der jungen Frauen und Männer wünscht sich eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sie wollen mehrheitlich, dass sich ihr Partner stärker in die Familienarbeit einbringt. Diesem gesellschaftlichen Wandel muss Rechnung getragen werden.

Vor allem in der vergangenen Legislaturperiode haben wir der Familienpolitik eine andere Richtung gegeben. Durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz für Kinder unter drei Jahren haben wir eine wichtige Grundlage zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen. Außerdem wurde mit dem Investitionsprogramm zur Förderung von Ganztagsschulen ein zentraler Beitrag geleistet. Den von uns eingeschlagenen Weg setzen wir auch in der Großen Koalition fort.

Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen erleichtern aber nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sie verbessern auch die Bildungschancen von Kindern. Denn auch hier hat sich gezeigt, dass die Bildungsmöglichkeiten und –abschlüsse von Kindern in Deutschland stärker als in anderen europäischen Ländern von der sozialen Herkunft abhängig sind. Deshalb sind qualitativ gute und quantitativ ausreichende Kindertagesstätten und Ganztagsschulen notwendige Förderungsmöglichkeit für Kinder. Ihren Vergleich der Kinderbetreuungseinrichtungen als "Legehennenbatterien" empfinde ich nicht nur den Erzieherinnen und Erziehern gegenüber beleidigend und völlig abwegig.

Mit dem Elterngeld, das zum 01.01.2007 das bisherige Erziehungsgeld ablöst, fördern wir Familien in den ersten 12 bzw. 14 Monaten nach der Geburt. Gerade während ihrer ersten Lebensmonate benötigen Kinder besonders intensive Betreuung. Wir möchten ermöglichen, dass Eltern sich diese Zeit ohne finanzielle Sorgen nehmen und danach wieder in ihren Beruf zurückkehren können. Damit wollen wir gerade Vätern einen Anreiz geben, sich partnerschaftlich an der Umsorgung des Kindes zu beteiligen. Das ist ein moderner Ansatz, denn bisher haben Väter kaum von der Elternzeit Gebrauch gemacht, da sie in der Regel über das höhere Einkommen verfügen. Es wird Männern dadurch erleichtert, den Anspruch auf bezahlte Elternzeit beim Arbeitgeber tatsächlich durchzusetzen. Frauen gewinnen in dieser Zeit die Möglichkeit, ihren Wiedereinstieg in die Berufstätigkeit vorzubereiten, der auch volkswirtschaftlich absolut notwendig ist. Davon werden auch die Kinder profitieren, denn Kinder brauchen Mutter und Vater gleichermaßen.

Gerne möchte ich Sie noch auf die Seite www.deutschland-wird-kinderfreundlich.de hinweisen. Dort können Sie sich weiterhin über Projekte informieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Kucharczyk, MdB