Wie stellen Sie sich die Zukunft de UNRWA vor? Welche Maßnahmen sehen Sie als geeignet, den Einfluss von Terrororganisationen wie IS oder Hamas auf Gruppen oder Einzelpersonen in D/EU zu stoppen?
Frage 1: Wie stellen Sie sich die Zukunft de UNRWA vor?
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 01.09.2024. Als zuständiger Bundestagsabgeordneter möchte ich darauf antworten.
Zusammenarbeit mit der UNRWA
Die Bundesregierung hat entschieden, die Zusammenarbeit mit UNRWA fortzusetzen. Die Arbeit des Hilfswerks ist lebensnotwendig vor dem Hintergrund der katastrophalen humanitären Lage in den palästinensischen Gebieten.
An dieser Stelle möchte ich Sie auf die Gemeinsame Erklärung des Auswärtigen Amtes (AA) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zu UNRWA vom 24.04.24 verweisen:
„Mit der Fortsetzung der akuten Zusammenarbeit stützen wir die lebenswichtige und derzeit nicht zu ersetzende Rolle von
UNRWA für die Versorgung der Menschen in Gaza, denn auch andere internationale Hilfsorganisationen sind auf die operativen Strukturen von UNRWA in Gaza derzeit angewiesen. Zuletzt haben die G7 am 19. April 2024 unterstrichen, dass UNRWA und andere UN-Organisationen in der Lage sein müssen, ihr Mandat zur Verteilung humanitärer Hilfe in Gaza voll und ganz auszufüllen. Dies ist angesichts der anhaltenden humanitären Katastrophe in Gaza wichtiger denn je“.
Frage 2: Welche Maßnahmen sehen Sie als geeignet, den Einfluss von Terrororganisationen wie IS oder Hamas auf Gruppen oder Einzelpersonen in D/EU zu stoppen?
Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus
a). Verbesserungen bei Aufklärung und Abwehr von islamistischem Extremismus
Ermittlungsbehörden erhalten unter Beachtung der KI-Verordnung und der datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine solche Technik und Verarbeitung die Befugnis zum biometrischen Abgleich von allgemein öffentlich zugänglichen Internetdaten („Gesichtserkennung“), um die Identifizierung von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen zu erleichtern. Wir werden die Befugnisse des Verfassungsschutzes für Finanzermittlungen verbessern. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten mehrere islamistische Vereine und deren Teilorganisationen verboten und wird dieses Instrument konsequent weiter anwenden.
b). Prävention
Eine Task Force Islamismus-Prävention aus Wissenschaft und operativer Praxis wird eingesetzt. Die Task Force setzt sich aus hochrangigen Wissenschaftlern sowie erfahrenen Praktikern zusammen, die regelmäßig und themenbezogen die
Bundesregierung sowohl bezüglich aktueller als auch langfristiger Herausforderungen im Bereich Islamismus berät, insbesondere zu der Frage, welche konkreten operativen Schlussfolgerungen sich aus den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ergeben. Präventionsprojekte gegen Islamismus werden fortgeführt und ausgebaut. Insbesondere soll die Deradikalisierungs-
arbeit gestärkt, die Beratungsstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch besser aufgestellt und auf neue Entwicklungen im Islamismus reagiert werden. Nach aktuellen Erkenntnissen werden z. B. sich radikalisierende Personen immer jünger und die Online-Medien spielen dabei eine immer entscheidendere Rolle. Forschungs- und Modellprojekte müssen daher angepasst und ausgebaut werden.
c). Plattformregulierung
Die Bundesregierung wird eine Verschärfung des Digital Services Act (DSA) auf EU-Ebene einfordern, um durch Benennen konkreter Straftatbestände wie das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und Volksverhetzung eine konsequente Bekämpfung strafrechtlicher Inhalte auf Online-Plattformen zu ermöglichen.
Aufenthaltsrechtliche Maßnahmen
a.) Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhält die Befugnis zum biometrischen Abgleich von Internetdaten, insbesondere um Identitäten von Schutzsuchenden feststellen zu können. Hierbei beachten wir Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, des europäischen Datenschutzrechts und der KI-VO an diese Technik.
b.) Die Schwelle für ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse wird abgesenkt, wenn die Straftat unter Verwendung einer Waffe oder eines sonstigen gefährlichen Werkzeugs begangen worden ist (§ 54 Abs. 1 Nr. 1d Aufenthaltsgesetz, AufenthG).
c.) Die Ausschlussgründe für die Asylberechtigung und die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Absatz 8 bis 8b AufenthG werden verschärft:
aa. Die Annahme einer schweren Straftat soll zukünftig auch bei Jugendstrafen von mehr als drei Jahren gelten.
bb. Die Ermessensausweisung wird untergliedert in eine „Soll“-Vorschrift bei Freiheits- und Jugendstrafen von mehr als zwei Jahren und eine „Kann“-Vorschrift bei Freiheits- oder Jugendstrafen über einem Jahr (bisher nur „Kann-Vorschrift“ bei Verurteilung von mehr als einem Jahr).
cc. Die Begrenzung auf bestimmte Straftaten in den in bb.) genannten Fällen wird aufgehoben. Bisher können beim Ermessensausschluss nur Straftaten berücksichtigt werden, die den Tatbestand des § 177 StGB (sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) erfüllen oder mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen wurden. Zukünftig können auch die Schleusungsstrafbarkeit und Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund zum Ausschluss von der Schutzberechtigung führen.
d.) Eine Dublin-Task Force von Bund und Ländern mit dem Ziel der Steigerung der Zahl der Rücküberstellungen in Dublin-Verfahren wird eingerichtet. Dabei werden sämtliche Prozessschritte des Dublin-Verfahrens analysiert, um Optimierungsmöglichkeiten bei der Rechtsdurchsetzung und der operativen Umsetzung von Rückführungen in Dublin-Fällen zwischen BAMF und Ausländerbehörden, z.B. die ausreichende Verfügbarkeit von Abschiebehaftplätzen sowie eventuellen Rechtsänderungsbedarf, wie z.B. bei gescheiterten Überstellungsversuchen wegen Nichtantreffens, zu ermitteln.
e.) Für Schutzsuchende, die ihr Asylverfahren in anderen Mitgliedsstaaten betreiben müssen (Dublin-Fälle) und für den Fall ihrer Rückkehr dort Leistungsansprüche haben, weil der betreffende Mitgliedsstaat dem Übernahmeersuchen zugestimmt hat, soll der weitere Bezug von Leistungen in Deutschland ausgeschlossen werden.
f.) Bei Reisen jenseits der Notwendigkeit der Erfüllung sittlicher Pflichten von anerkannt Schutzberechtigten in ihr Heimatland soll die Aberkennung des Schutzstatus als Flüchtling oder subsidiär Schutzbedürftiger gewährleistet werden.
g.) Die Bundesregierung legt die gesetzlichen Regelungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems noch in diesem Jahr dem Parlament vor. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern sollen Regelungen, die Rückführungen erschweren, angepasst werden, um Dublin-Überstellungen und Rückführungen zu erleichtern.
h.) Die Bundesregierung arbeitet weiter intensiv daran, die Möglichkeit zur Rückführung von Personen, die schwerwiegende Straftaten begangen haben sowie von terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien zu eröffnen.
i.) Nachdem die Bundesregierung bereits eine Reihe von Migrationsabkommen und -kooperationen abgeschlossen hat, wird sie die Verhandlungen mit weiteren Staaten, darunter die laufenden Verhandlungen mit der Republik Moldau, Kirgisistan, Usbekistan, Kenia oder den Philippinen weiter mit Nachdruck vorantreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Berghahn MdB