Frage an Judith Skudelny von Walter S. bezüglich Finanzen
*** Tankstellenbetreiber sollen Preise an eine zentrale Stelle melden ***
Die Idee, dass die Betreiber der ca. 14.700 Tankstellen die Benzinpreise an eine zentrale Stelle melden sollen, stammt bekanntlich von Herrn Rösler, Ihrem Parteivorsitzenden.
Schon im Jahr 1999 stand in der ALLGÄU RUNDSCHAU: Benzinpreise ändern sich ferngesteuert !!! " .... usw. .... Über ihr Kassensystem sind die modernen Tankstellen online mit den Konzern-Zentralen verbunden.
Frage-1: Wäre es im Zeitalter des Internets nicht besser, wenn die Datenströme an die Tankstellenbetreiber parallel an diese zentrale Stelle geleitet würden?
Frage-2: Könnte diese Stelle die Daten auf einer Webseite veröffentlichen, auf der jeder die aktuellen Preise aller Tankstellen, speziell natürlich derjenigen in seiner Umgebung, recherchieren könnte?
Bei andauernden, keinem ersichtlichen Muster folgenden Preisänderungen, ist die Kenntnis der aktuellen der Preise für den Verbraucher allerdings wertlos.
Frage-3: Könnte man von den Lieferanten fordern „ dass zum Preis ein Zeitintervall genannt wird, in welchem der Preis, wie genannt, konstant bleibt“! (Dieses Zeitintervall wäre natürlich nutzlos, wenn es beliebig klein sein könnte. Man müsste deshalb eine Untergrenze für die Dauer desselben festlegen.
Walter Scholz, Leinfelden, 17.5.2012
Sehr geehrter Herr Scholz,
in meiner folgenden Antwort nehme ich Bezug auf die Email, welche Sie mir direkt übersandt haben und in der es allgemein um die Einrichtung einer Markttransparenzstelle ging. Mit denen hier bei abgeordnetenwatch.de aufgeführten detaillierten Fragen bitte ich Sie, sich direkt an den FDP-Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler zu wenden.
Grundsätzlich bin ich völlig Ihrer Meinung. Die FDP ist die Hüterin der Marktwirtschaft und sollte Bürokratie abbauen und keine neuen Institutionen schaffen. Entsprechend skeptisch war ich, als Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler uns von seinen Plänen berichtete, beim Bundeskartellamt eine Markttransparenzstelle einzurichten, an die alle bundesdeutschen Tankstellen ihre Preisänderungen melden sollen.
Gerade die FDP als Hüterin der Marktwirtschaft bzw. das Kartellamt muss aufpassen, wenn keine marktwirtschaftlichen Strukturen - wie im Bereich der Mineralölkonzerne - gegeben sind.
Ich werde immer wieder mit dem Ärger der Autofahrerinnen und Autofahrer über das Auf und Ab der Benzinpreise konfrontiert und kann diesen Ärger auch sehr gut nachvollziehen. Es ist für sie - und auch für uns Politiker - überhaupt nicht mehr ersichtlich, wie diese Preise zustande kommen. Ziel des Bundeswirtschaftsministers ist es daher, Transparenz und Wettbewerb zu stärken. Durch die Erhebung der Ein- und Verkaufspreise für Benzin und Diesel soll eine Markttransparenzstelle dazu beitragen, dass die Preisbildung durchsichtiger wird und die Kartellbehörden eine verbesserte Datengrundlage erhalten. Damit können die Kartellbehörden Anhaltspunkte für etwaige Verstöße besser finden sowie missbräuchliches Verhalten der großen Mineralölkonzerne leichter aufdecken und verfolgen. Das wird die Position der mittelständischen freien Tankstellen verbessern und den Wettbewerb stärken - im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass der Aufbau einer Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt ein teures Unterfangen ist. Zahlreiche neue Behördenmitarbeiter sind nötig, um die Preise von 15 000 Tankstellen und Hunderter Benzingroßhändler auszuwerten. Auch ist nicht klar, ob kleine Tankstellen - die ja gerade als Wettbewerbselement geschützt werden sollen - dies mit ihrer geringen personellen und technischen Ausstattung leisten können. Ebenso wenig ist geklärt, was die tägliche Datenflut an Erkenntnissen bringen und an Reaktionen auslösen soll - das alles hat die FDP-Bundestagsfraktion Dr. Philipp Rösler auch mit auf den Weg gegeben.
Trotzdem denke ich mir: Warum eigentlich nicht?
Schon der äußerst heftige Protest der Ölkonzerne und des Mineralölwirtschaftsverbandes MWV gegen die geplante Maßnahme zeigt mir: Vielleicht ist es gar nicht so dumm, über solch ein "Bürokratiemonster" den fünf marktbeherrschenden Ölkonzernen einmal genauer auf den Zahn zu fühlen.
Es besteht zumindest die Hoffnung, dass darüber ein Ärgernis leichter zu beheben sein könnte: Die Ölkonzerne sind sowohl Großhändler an der eigenen Raffinerie als auch Verkäufer an Kunden der Tankstellen. Per Gesetz ist es ihnen verboten, Benzin im Großhandel an freie Tankstellen teurer abzugeben, als sie es an der eigenen Station anbieten. Es häufen sich aber immer mehr Beschwerden in einzelnen Regionen, dass sich die Ölkonzerne in keiner Weise daran halten. Die Kontrolle fällt jedoch schwer. Die Transparenzstelle könnte eventuell für eine solche Kontrolle sorgen. Eine Wunderwaffe für mehr Wettbewerb und niedrigere Preise ist sie sicherlich nicht - aber wie gesagt: Einen Versuch ist es wert.
Ich verspreche: Wenn sich die Markttransparenzstelle als unsinniges Bürokratiemonster erweisen sollte, werden wir in der FDP-Bundestagsfraktion auch wieder für ihre Abschaffung plädieren.
Herzliche Grüße
Judith Skudelny, MdB