Im November 2021 sind in Deutschland 92.295 Menschen gestorben. Diese Zahl liegt 20% über dem mittleren Wert der Jahre 2017 bis 2020 (Übersterblichkeit). Welchen Einfluss haben Lockdown und Impfung?
Sehr geehrter Herr. G.,
Diskussionen über Übersterblichkeit im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie müssen mit Bedacht geführt werden, weshalb ich gerne zu diesem Thema Stellung beziehen möchte.
Bei Berechnungen und Interpretationen vorliegender Daten spielen Zeiträume der Datenerhebung vermischende Effekte eine nicht unbedeutende Rolle. Ausgeprägte oder nur sehr leichte Grippewellen, aber auch langfristige Trends wie eine alternde Bevölkerung sind jeweilige Beispiele.
Eine aktuelle Untersuchung des Statistischen Bundesamtes vom 9.12.2021 zeigt eine erhöhte Sterblichkeit etwa für das Kalenderjahr 2020. Im Jahr 2020 starben rund 985.600 Menschen – 46.000 mehr, als noch im Jahr 2019. Dies entspricht einer Übersterblichkeit gegenüber dem Vorjahr von 5%. Eine Steigerung der Sterbefälle um lediglich 2% wäre aufgrund der Alterung der Gesellschaft erwartet worden. Damit zeigt sich eine Tendenz zur erhöhten Sterblichkeit durch Todesfälle im Zusammenhang mit Corona-Infektionen.
Aktuelle Zahlen für das Jahr 2021 zeigen einerseits unterdurchschnittliche Sterbezahlen am Jahresanfang aufgrund der ausbleibenden Grippewelle. Andrerseits steigt die Sterblichkeitsrate im Herbst enorm an und liegt wieder deutlich über dem Durchschnitt. Todesfälle im Zusammenhang mit Corona-Infektionen erklären mindestens 30% dieser Übersterblichkeit. Auch die von Ihnen angesprochene Mitteilung des Statistischen Bundesamtes zeigt diese Tendenz im Herbst 2021 deutlich. Die Lücke der erhöhten Sterblichkeit lässt sich demnach plausibel über verschiedene Effekte erklären, wie Sie wissen.
Trotz möglicher Auswirkungen auf Todesfälle durch verschobene Operationen, oder Verschiebungen durch flache Grippewellen, sind die getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung enorm wichtig. Lockdowns, Kontaktbeschränkungen oder diverse Schließungen verhindern, dass noch mehr Behandlungen wegen voller Krankenhäuser verschoben werden müssen und die Versorgung durch hohe Infektionszahlen zusammenbricht. Dass die Sterbezahlen bislang noch nicht deutlich höher ausgefallen und bei niedrigen Infektionszahlen sogar unterdurchschnittlich sind, liegt also nicht zuletzt an den politischen Maßnahmen zur Eindämmung und dem vorsichtigen Verhalten der Menschen in Deutschland.
Bezüglich sogenannter „Impftoter“ kann keine abschließende seriöse Aussage getroffen werden. Das Paul-Ehrlich-Institut führt die Todesfälle auf, die im Verdacht stehen, im Zusammenhang mit einer Impfung aufgetreten sein zu können. Diese Verdachtsfälle liegen für Januar bis November des Jahres 2021 bei genau 1.919. Jedoch ist diese Zahl unbedingt zu interpretieren, um keine falschen Schlüsse zu ziehen.
Erstens gelten Todesfälle Geimpfter auch nach einem deutlichen zeitlichen Abstand zur Impfung als Verdachtsfälle. Wenn Menschen in hohen Zahlen Impfungen erhalten, gibt es eine gewisse Anzahl von zufälligen Todesfällen, die kurz bzw. mittelfristig nach der Impfung auftreten, aber nicht durch die Impfung selbst ausgelöst werden.
Zweitens treten diese Verdachtsfälle in hohem Maße bei Menschen mit Vorerkrankungen oder Älteren auf, bei denen der vorherige Punkt besonders ins Gewicht fällt.
Drittens werden Verdachtsfälle nicht nur von Ärzt*innen gemeldet sondern können über ein Online-Portal von allen frei gemeldet werden.
Das Paul-Ehrlich-Instituts schätzt, dass von der oben genannten Zahl gerade einmal 4% - also 78 Personen - tatsächlich an den Nebenwirkungen einer Impfung verstorben sind. Bei knapp 60 Millionen verabreichten Erstimpfungen von Januar bis November 2021 entspricht das einem Anteil von 0.0000013%.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Impfungen sicher sind und nicht zu einem überhöhten Maß an Todesfällen führen.
Mit freundlichen Grüßen
Josephine Ortleb