Frage an Johannes Vogel von Andreas K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Vogel,
wegen der auch soeben bei Anne Will in Aussicht gestellten Verbesserung der Zuverdienstmöglichkeiten im SGB-II brennt hier einigen die Frage : Wann und wie wird da etwas getan? Bisher sind die 20 bzw 10 % Zuverdienstmöglichkeit bis 1200 oder mit Kind bis 1500 € Brutto gedeckelt. Danach entsteht das, was eine Stagnationszone genannt werden kann. In einem Diagramm kann man dies schnell ablesen. Es muss aufhören, dass ein Chef sagt: Sie könnten anstatt 1200 € bei mir auch 1700 € verdienen und diese 500 € mehr an Brutto bringen einem Aufstocker 0 € Verbesserung. Wird auch erwogen die Anzahl der Kinder in diese Neuordnung der Zuverdienstmöglichkeiten mit einfließen zu lassen? ( bisher gelten die 1500 € pauschal - egal für wieviele Kinder man sorgt ) Wann wird eigentlich die in 2006 vom BSG entwickelte Rechtsfigur der zeitweisen Bedarfsgemeinschaften endlich in Gesetzesform gegossen? ( z.Zt. bekommen rund eine Million Kinder die mit hilfebedürftigen Elternteilen ( zeitweise ) zusammenleben 0 € - sie bekommen von den zuständigen JobCentern das Geld für die Ernährung sowie alle anderen Bedarfe verweigert. Wann wird es eine Konkretisierung von Seiten des Gesetzgebers geben, wie der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung im SGB-II auszulegen ist? ( Dies ist eine weitere planwidrige Regelungslücke, die zu bisher jahrelangem blankem Chaos in der Sozialgerichtsbarkeit geführt hat und immernoch nicht geklärt ist ( man behilft sich mit dem Gesetztestext zum BSHG von 1985 - jedoch ist ein Vierteljahrhundert vergangen und wir leben nun mit einem ganz anderen System - SGB-II mit pauschalierter Leistungsbemessung ) )
Mit freundlichen Grüßen
Andreas
Sehr geehrter Herr Keffel,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail.
Nachdem die Vorgängerregierung es versäumt hat, die Zuverdienstmöglichkeiten im Bereich des SGB II so auszugestalten, dass sie wirklich beschäftigungsförderlich wirken, werden wir nun handeln. Die FDP hat seit Beginn der Koalition darauf gedrungen, die Zuverdienstmöglichkeiten zu verbessern. Dazu wird nun eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eingerichtet, die Vorschläge ausarbeiten wird, welche der neuen Gesetzgebung zugrunde liegen werden. Da es sich bei den Zuverdienstgrenzen um ein besonders komplexes Thema handelt, das die Zuständigkeit vieler Ministerien berührt, wird die Ausarbeitung der Vorschläge sicherlich einige Monate in Anspruch nehmen. Ich persönlich halte es auch für sinnvoll, an dieser Stelle lieber gründlich anstatt schnell zu arbeiten. Eine Reform, die nicht exakt geplant und ausgeführt wird, würde kaum Verbesserungen bringen und nur neue Probleme aufwerfen.
Ich teile Ihre Auffassung, dass die Arbeitsgemeinschaft selbstverständlich die jüngere Rechtsprechung in ihre Überlegungen einbeziehen sollte, also auch das Urteil des Bundessozialgerichts aus dem November 2006, auf das sie hinweisen. Dies wird selbstverständlich auch geschehen. Die Problematik der zeitweisen Bedarfsgemeinschaft wird also bearbeitet und bei der Fortentwicklung der Gesetzgebung zum Arbeitslosengeld II beachtet werden.
Wie Sie korrekt anmerken, erfährt zum jetzigen Zeitpunkt der in § 21 SGB II geregelte Mehrbedarf Alleinerziehender in der Rechtsprechung Konkretisierung unter Rückgriff auf das Gesetzgebungsverfahren zum Bundessozialhilfegesetz aus den 1980er Jahren. Auch wenn das Urteil vom Bundessozialgericht aus dem März 2009 an dieser Stelle für etwas Klarheit gesorgt hat, denke auch ich, dass es eine Überprüfung sinnvoll wäre, an deren Ende eine eigene, neue gesetzliche Konkretisierung stehen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Vogel