Wären Sie für eine Abschaffung des Transsexuellengesetzes?
Sehr geehrter Herr Schraps,
ich bin zwar nicht direkt Betroffener, jedoch ist meine Lebensgefährtin in Schweden eine Transfrau. Wir haben vor, in Zukunft zusammen zu wohnen, allerdings ist unser größtes Hindernis das TSG. In Schweden ist die Rechtslage auch nicht viel besser, daher erfahre ich das ständig mit, was ein solches Gesetz anrichten kann. Nicht umsonst ist die Suizidrate viel höher unter Transmenschen, und solche Gesetze tragen ihren Teil dazu bei. Daher würde es mich wirklich sehr interessieren, ob Sie für ein Selbstbestimmungsgesetz wären, oder zumindest für grundlegende Änderungen am bestehenden Gesetz.
Mit freundlichen
K. W. aus Aerzen
Sehr geehrter Herr W.,
ich teile ihre Bedenken am Transsexuellengesetz in seiner jetzigen Form. Das TSG ist über 40 Jahre alt und entspricht nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Die für eine Namens- und Personenstandsänderung notwendigen Gutachtengespräche empfinde ich als diskriminierend. Dass dieses Gesetz das Leben Ihrer Lebensgefährtin und auch ihres konkret beeinträchtigt, bedauere ich sehr.
Die seit mindestens 20 Jahren überfällige Reform des Transsexuellengesetzes war in der vergangenen Koalition leider nicht durchsetzbar. Es ist aus meiner Sicht dringend notwendig, dass wir das Selbstbestimmungsrecht von transgeschlechtlichen Menschen stärken. Transgeschlechtlichkeit ist keine Krankheit. Das muss sich endlich im Gesetz widerspiegeln. Jeder Mensch sollte selbst über sein Leben bestimmen können. Wir wollen, dass trans-, inter- und nicht binäre Menschen im Recht gleich behandelt werden, deshalb werden wir das Transsexuellengesetz reformieren. In unserem Zukunftsprogramm zur Bundestagswahl haben wir für uns festgelegt: „Kein Gericht sollte künftig mehr über die Anpassung des Personenstandes entscheiden. Psychologische Gutachten zur Feststellung der Geschlechtsidentität werden wir abschaffen. Jeder Mensch sollte selbst über sein Leben bestimmen können.“
Wir können für die Verbesserung der rechtlichen Lage von trans* Personen in den kommenden Jahren auf die wertvolle Vorarbeit für ein gutes Gesetz zurückgreifen. Ich gehe fest davon aus, dass wir in der aktuell angestrebten Koalition ein diskriminierungfreies Gesetz verabschieden können. Dieses Gesetz wird sich am Inhalt messen lassen müssen, nicht am Namen.
Die von Ihnen angesprochen Belastungen für trans*Personen, welche unter anderem zu einer erhöhten Suizidrate führen, dürfen nicht hingenommen werden. Die Statistiken zeigen leider, dass es auch in Deutschland erhebliche Probleme mit Hasskriminalität gegen LSBTIQ* gibt. Fälle von physischer und psychischer Gewalt sind noch immer Alltag und die Dunkelziffer ist hoch. Deshalb fordern wir in unserem Zukunftsprogramm einen nationalen Aktionsplan gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie und Gewalt gegen LSBTIQ*. Bei Hass motivierten Straftaten, zu denen wir auch Homophobie und Transfeindlichkeit zählen, muss bei der Abwägung der Strafzumessung des § 46 Abs. 2 S. 2 StGB erschwerend berücksichtigen werden. Menschen sollen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können – mit gleichen Rechten und Pflichten. Das Diskriminierungsverbot wegen der geschlechtlichen und sexuellen Identität werden wir in Art. 3 Abs. 3 GG aufnehmen. Das fordern wir seit 2011, und wir werden weiterhin dafür kämpfen. Hinsichtlich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind wir der festen Überzeugung, dass dieses wichtige Gesetz einer Reform bedarf, um u. a. bisherige Schutzlücken zu schließen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Überzeugungen und die Zielsetzungen der SPD zu dem Thema darlegen. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gerne wieder an mich.
Herzliche Grüße
Johannes Schraps