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Johannes Schraps
SPD
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Frage von Andreas B. •

Frage an Johannes Schraps von Andreas B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Schraps

Warum verbietet der Bundestag das betäubungslose Kastrieren von Ferkeln, verhängt aber kein Schächtungsverbot?
Vorweg: Das von der NSDAP in den 30'er Jahren ausgesprochenen Schächtungsverbot diente zweifelsfrei nicht dem Tierschutz sondern war einzig darauf ausgerichtet, den Mitbürgern jüdischen Glaubens das Leben schwer zu machen. Es hat schon einen faden Beigeschmack, wenn ausgerechnet eine Partei, die Personen wie Björn Höcke oder Alexander Gauland in ihren Reihen duldet, einen Vorstoß, nämlich die Forderung nach einem Schächtungsverbot ausspricht. Aber: In der Sache ist diese Forderung völlig richtig, denn Tierschutz kann nicht teilbar sein. Das Schächten ist nicht tierschutz-konform und auch nicht durch sachliche Gründe zu rechtfertigen. Auch vor der Schlachtung betäubte Tiere sterben am Ende durch den Blutverlusst, so dass die Begründung, dass Juden und Muslime kein Blut konsumieren dürften kein Grund ist, auf eine Betäubung zu verzichten. Auch von Religionsgemeinschaften darf man erwarten, dass sie endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Das hat auch nichts mit Religionsfreiheit zu tun, weil diese schändliche Unsitte ethisch einfach nicht und durch Nichts zu rechtfertigen ist. Zugegeben: Das alberne "geboren von der Jungfrau Maria", das wir Christen seit 2000 Jahren dahin plappern ist auch nicht wirklich zeitgemäß, aber darunter muss auch keine Kreatur leiden (Joseph zog mit seinem "wohlvertrauten Weibe" gen Bethlehem, sagt die Bibel). Wer auf der einen Seite das betäubungslose Kastrieren wegen des Tierschutzes verbietet kann das Schächten nicht erlauben, ohne unglaubwürdig zu sein. Es geht mir nicht darum, eine Religionsgemeinschaft zu diskriminieren, aber Tierschutz muss für alle gelten: Alle Menschen sind gleich, ohne Ansehen der Person. Gleich danach steht in unserer Verfassung, dass sich "alle" Gesetzgebung daran zu orientieren hat. Erst danach kommt die Religionsfreiheit, die im Übrigen davon nicht berührt wird.

A. B.

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Antwort von
SPD

Lieber Herr B.,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch.de. Entschuldigen Sie meine späte Antwort. Am schnellsten können Sie mich über die Kontaktadresse erreichen, die Sie auf meiner Homepage finden.
Auch ich halte Schächten ohne Betäubung für nicht tierschutz-konform. In Deutschland ist Schächten glücklicherweise nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt. Dies ist möglich, da das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass die Berufsausübungsfreiheit von muslimischen Metzgern verletzt wird, wenn betäubungsloses Schächten verboten wird.

Eine bundesweite Regelung zum religiös motivierten betäubungslosen Schlachten wurde erst mit der Aufnahme des Schlachtrechts in das Tierschutzgesetz (TierSchG) getroffen. Seit dem In-Kraft-Treten des Ersten Gesetzes zur Änderung des TierSchG vom 12. August 1986 enthält § 4 a TierSchG in Absatz 1 das grundsätzliche Verbot, warmblütige Tiere ohne vorherige Betäubung zu schlachten. Absatz 2 Nr. 2 sieht jedoch die Möglichkeit vor, aus religiösen Gründen Ausnahmegenehmigungen zu erteilen.
Dementsprechend kann man bei der jeweils zuständigen Behörde (zum Beispiel beim Kreisveterinäramt) eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Um die Genehmigung zur Schächtung von Tieren zu erhalten, muss die genaue Anzahl der zu schächtenden Tiere angegeben werden, sowie Auflagen bezüglich der Sachkunde und der Schlachtstätte erfüllt werden. Nur mit dieser Genehmigung, darf geschächtet werden! Schächten ohne eine solche Genehmigung ist in Deutschland illegal und wird empfindliche Geldbuße von bis 25.000 Euro bestraft. Bei nachgewiesener Tierquälerei im Wiederholungsfall kann es sogar mit Haft bestraft werden.
Auch wenn es Ausnahmereglungen gibt, wird in Deutschland meist beim Schächten kurz vorher per Elektroschock betäubt, es gibt nur wenige Fälle, in denen überhaupt nicht betäubt wird: Denn die meisten Muslime in Deutschland haben die genannte Elektrokurzzeitbetäubung längst akzeptiert. Auch der DITIB (Dachverband der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religionen) hat diese Haltung deutlich gemacht. Es spricht nichts dagegen, die Tiere vor dem Schächten durch einen Elektroschock oder durch ähnliche Mittel zu betäuben, um ihnen unnötige Qualen zu ersparen", erklärte die Organisation.

Durch diese umfassenden Regelungen und die mittlerweile weit verbreitete Akzeptanz von Fleisch, dass durch die Schächtung von mit Elektroschock betäubte Tiere produziert wird, gibt es also nur wenige Fälle, in denen Tiere tatsächlich ohne vorherige Betäubung geschächtet werden. Und wenn dies so ist, dann nur unter sehr strengen Kontrollen und Auflagen. Diesen Kompromiss zwischen dem Recht auf freie Ausübung der Religion und dem Tierwohl halte ich für ausgewogen. Bei einem völligen Verbot der Schächtung würde verstärkt Fleisch aus dem Ausland importiert werde, das unter wesentlich laxeren Bedingungen geschächtet wurde- und unsere Tierschutzstandards häufig nicht beachtet.

Ich hoffe, dass Sie meine Position nachvollziehen können und ich Ihnen meine Argumentation verständlich machen konnte. Bei weiteren Fragen, wenden Sie sich gerne an mich.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Schraps

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