Frage an Johannes Kahrs von Helmut S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Kahrs,
heute (02. April) fand ich auf Spiegel-Online einen Bericht bezüglich der Rechte der Frauen in Afghanistan, die durch ein von Präsident Karsai unterschriebenem Gesetz drastisch eingeschränkt werden:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,617118,00.html
Ist der dort vermittelte Eindruck richtig und zutreffend, daß Präsident Karsai sein Marionetten-Image abschütteln will, indem er radikale, islamistische Positionen übernimmt?
Wie ist Ihre Position hierzu?
Wenn ich denn richtig gehört habe, hat Peter Scholl-Latour in der Phönix-Runde am 01. April 2009 um 22.15 unwidersprochen behauptet, die Familie von Präsident Karsai sei im Drogen-/Opiumhandel tätig. Bekanntlich wird in Afghanistan ca. 90% der Weltmenge an Opium geerntet und erst seit Kurzem gibt es überhaupt, im Prinzip, für die dort stationierten westlichen Truppen gewisse Möglichkeiten hiergegen vorzugehen.
( http://www.phoenix.de/content/phoenix/tv_programm/1?datum=2009-04-01&skip=3 )
Was ist der Bundesregierung und was ist Ihnen über die Geschäfte der Familie Karsai bekannt?
Beeinflussen diese Dinge den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan?
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Schibath
Sehr geehrter Herr Schibath,
vielen Dank für Ihre Fragen. Das neue afghanische Ehegesetz hat international für Empörung gesorgt und die Kritik und der Druck werden zu Recht aufrechterhalten. Auch die Bundesregierung versucht auf diplomatischem Weg dieses Gesetz zu verhindern. Die zuständigen afghanischen Behörden prüfen deshalb nun die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Da die afghanische Verfassung von 2004 Männer und Frauen rechtlich gleichstellt, kann es einer solchen Prüfung aus meiner Sicht nicht standhalten. Es ist jedoch wichtig den Druck aufrecht zu erhalten. Frank-Walter Steinmeier und der deutsche Sonderbeauftragter Bernd Mützelburg haben gegenüber der afghanischen Regierung deutlich gemacht, dass sie das neue Gesetz äußerst kritisch bewerten. Dieser Einstellung kann ich mich nur anschließen. Die Umsetzung eines solchen Gesetzes wäre ein Rückschlag für die Ziele der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan.
Die Drogenproblematik beeinflusst den Einsatz der Bundeswehr insofern, als dass es sowohl ein Problem des zivilen Aufbaus als auch eines der Sicherheitslage darstellt. Zwischen Drogenwirtschaft und angespannter Sicherheitslage, mangelnder Durchsetzungskraft afghanischer Regierungsorgane sowie regierungsfeindlichen Kräften bzw. illegalen Parallelstrukturen besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Die Verflechtung innerhalb dieser Strukturen Afghanistans und die Beteiligung Einzelner sind derart unübersichtlich, dass ich mich an Spekulationen zu einzelnen Personen in den Medien nicht beteiligen möchte. Die Strafverfolgung als eine wesentliche Säule effektiver Drogenbekämpfung ist bislang wegen der Schwäche der Strafverfolgungs- und Justizbehörden leider noch unzureichend. Vor diesem Hintergrund begünstigen die Verschärfung der Sicherheitslage und das Erstarken aufständischer Kräfte die Herstellung und den Handel mit Drogen.
Die Bundesregierung unterstützt Afghanistan und die Partner der internationalen Gemeinschaft bei der Drogenbekämpfung. Seit der Londoner Konferenz 2006 existiert dafür eine detaillierte Drogenbekämpfungsstrategie, die in einem umfassenden Ansatz alle notwendigen Maßnahmen in der richtigen Gewichtung aufzeigt. Die Komplexität des Problems erfordert ein langfristiges und konsequentes Vorgehen. Die Bundesrepublik Deutschland wird Afghanistan weiterhin auf dem Weg zu einer stabilen Zivilgesellschaft und in eine sichere Zukunft tatkräftig zur Seite stehen.
Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs