Frage an Johannes Kahrs von Simeon H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Kahrs,
im Rahmen des Deutschen Einsatzes gegen Piraterie vor der Küste Somalias kursiert derzeit der Vorschlag, deutsche Soldaten an Bord von Schiffen deutscher Reeder zur Sicherung mitfahren zu lassen.
Da aber die Flagge eines Schiffes besagt unter welcher Jurisdiktion sich das Schiff befindet, sollten nur auf Schiffen mit _deutscher Flagge_ Soldaten eingeschifft werden - unabhängig davon, zu welcher Reederei sie gehören.
Schliesslich wird für Schiffe mit deutscher Flagge auch eine Steuer an Deutschland gezahlt - wenn Steuern an ein Land mit "Billigflagge" gezahlt werden, sollte sich der (u.U. deutsche) Reeder auch an jenes Land wenden um seine Schiffe zu schützen.
Wie stehen Sie dazu und wie werden Sie dies als Mitglied des Verteidigungsausschusses einbringen?
Vielen Dank,
Simeon Hiertz
Sehr geehrter Herr Hiertz,
vielen Dank für Ihre Frage vom 26. November 2008. Grundsätzlich kann ich Ihr Argument nachvollziehen. Die Sicherheit der Schiffe sollte der Staat gewährleisten, der durch Steuern von dem Seehandel profitiert. Leider ist es wie so oft nicht ganz so einfach.
1. Die Vereinten Nationen haben mit Ihren Sicherheitsresolutionen 1814, 1816 und 1838 die Staatengemeinschaft aufgerufen, gegen die Piraterie vor Somalia verstärkt vorzugehen. Somalia ist selbst nicht in der Lage, die Piraterie vor den eigenen Küsten zu stoppen. Die deutsche Marine verfügt über die erforderlichen Mittel zur Durchführung der Operation. Eine selektive Operation, die lediglich Schiffe unter deutscher Flagge schützen würde, erfüllt die Sicherheitsresolutionen der VN nicht.
2. Deutschland hat als Exportweltmeister und großer Energieimporteur ein vitales Interesse an sicheren Seewegen. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass eine Gefährdung des Seehandels negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte. Gerade wir Hamburger wissen, dass sich solche Probleme sofort bei uns im Hamburger Hafen niederschlagen. Eine Zusammenarbeit vieler Nationen wird auf Dauer nötig sein, um die Freiheit der Meere zu sichern.
3. Wie die Sicherheitsresolutionen der VN bereits deutlich machen, bezieht sich der Bedarf auf Schutz auf lokale Seestrassen mit hohem strategischen Wert. Diese sogenannten choke points (z.B. Straße von Hormus, Straße von Malakka) sind deshalb so sensibel, weil eine Blockade dieser Seewege den gesamten weltweiten Seehandel ernsthaft bedrohen würde. Es ist also keineswegs so, dass deutsche Soldaten auf einem Schiff unter deutscher Flagge von Hamburg nach Singapur mitfahren würden. Vielmehr würden die Soldaten die Schiffe begleiten sobald sie in unsichere Gewässer kommen und sie wieder verlassen, sobald das Gefahrengebiet hinter ihnen liegt. Eine lokale Aufgabenteilung innerhalb einer internationalen Kooperation ist daher weit effektiver, als eine rein nationale Lösung. Ansonsten müsste jede Nation eigene Kräfte an allen Seewegen bereitstellen.
Die Sicherheit der weltweiten Seefahrt ist von immensem Interesse für Deutschland. Mit den europäischen Partnern arbeitet Deutschland daher an einer internationalen Lösung für mehr Sicherheit auf den Meeren.
Mit freundlichem Gruß
Johannes Kahrs