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Frage von Gerhard W. •

Frage an Johannes Kahrs von Gerhard W. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Kahrs,

wie Sie wissen, ist die deutsche Volkswirtschaft massiv bedroht durch den explodierten Ölpreis.
Mit Blick auf den Engpass der Energieversorgung, der uns zu schaffen macht, halte ich es für fatal, dass zwei Massnahmen, die im Raum stehen, von der Bundesregierung beiseite gelassen werden:

1) Der Chef der Abteilung für Erdöl und -Gas bei der internationalen Energie Agentur Eagles erklärte zum Grund für den hohen Ölpreis, dass er durch den bevorstehenden Irankrieg verursacht und der hierdurch verursachte Preisschub vorweggenommen sei.
Von der Bundesregierung gibt es außer der unverbindlichen Erklärung, man setze auf Diplomatie, kein klares Signal gegen einen Krieg, wie etwa Ende 2006 vom Ex-Pentagon Berater Ellsberg vor dem Hamburger Körber-Forum gefordert.
US-Militärs und Geheimdienste erwarten mit einem Krieg ein Desaster, während er von den Politikern auch der Demokraten unterstützt wird.

Das bisher fehlende deutliche (!) Signal gegen einen Krieg wäre geeignet, auch den Ölpreis deutlich zu bremsen.

2) mit aktuell verfügbarer Technologie (s. www.dlr.de) kann Energie klimafreundlich und sehr kostengünstig (ca. 5ct/kWh) gewonnen werden. Dies hat das TREC-Projekt des Club of Rome s. www.desertec.org zum Konzept entwickelt.: mittelfristig kann der gesamte Energiebedarfs Deutschlands hiermit gedeckt und die Abhängigkeit von teuren Öl- und GasImporten minimiert werden.
Darüberhinaus würden hunderttausende Arbeitsplätze in der deutschen Industrie entstehen / gesichert werden. Zudem würde durch sinkende Nachfrage der Druck vom Ölpreis genommen.
Dass die Bundesregierung hier untätig bleibt, ist mir höchst schleierhaft.

Beide hier erklärten Massnahmen wären m.E. geeignet, die Problematik der Energieversorgung deutlich zum Positiven zu wenden.

Ich bitte Sie, zu erklären a) warum hier nichts geschieht und b) was Sie ggf. daran zu ändern beabsichtigen?

weitere Info: www.meta-info.de/?lid=31593 www.meta-info.de/?lid=31281
www.fv-sonnenenergie.de/index.php?id=227

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wendebourg,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 28. Juni 2008. Die steigenden Energiepreise sind in der Tat eine Belastung für die deutsche Wirtschaft. Die Gründe für die hohen Preise sind jedoch vielfältiger, als von ihnen dargestellt. Ein bevorstehender Krieg gegen Iran ist spekulativ. Die meisten Experten sind sich aber einig, dass der Anteil der Spekulationen an den hohen Energiepreisen verhältnismäßig gering ist. Und nur ein Teil der Spekulationen bezieht sich tatsächlich auf einen eventuellen Krieg gegen Iran. Höhere Nachfrage in Schwellenländern und knapper werdende und schwerer zu erschließende Ressourcen wiegen weit schwerer.

Ihre beiden Vorschläge - so interessant sie sein mögen - basieren auf einem Fehler: Die außenpolitischen Realitäten dafür sind einfach nicht gegeben. So halte ich es derzeit für unklug diplomatischen Druck von Teheran zu nehmen, indem ein gewaltsames Vorgehen grundsätzlich ausgeschlossen wird. Ob es den Europäern gefällt oder nicht, die militärische Macht der USA ist das Rückgrat aller diplomatischen Bemühungen. Darum wäre es derzeit nicht von Nutzen, die Verhandlungsposition des Westens durch Einzelgänge der Bundesregierung zu schwächen. Ob man am Ende wirklich einen bewaffneten Konflikt unterstützt, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.

Ähnlich problematisch sehe ich die, im Großen und Ganzen sehr interessante, Idee der *T*rans-Mediterranean *R*enewable *E*nergy *C*ooperation (TREC). Diese visionäre Idee schließt Regionen in Nordafrika, Zentralafrika und sogar im Nahen Osten inklusive dem Irak ein. Es ist leicht vorstellbar welche diplomatischen Bemühungen und Risiken in einem solchen Projekt versteckt liegen. Ich halte die Realisierung eines solchen Projektes mittelfristig für nicht realistisch.

Die Bundesregierung und der Bundestag haben erkannt, welches wirtschaftliche und arbeitspolitische Potenzial in den Erneuerbaren Energien steckt. Erst kürzlich wurde daher das erste Paket des Integrierten Energie- und Klimaprogramms (IKEP) der Bundesregierung im Bundestag verabschiedet. Durch den Anstieg der Preise für fossile Energie, durch die enormen Möglichkeiten für Wertschöpfung und Beschäftigung bei der Ausweitung der Erneuerbaren Energien und durch die großen Potentiale der Technik für Erneuerbare Energien für neue Exportmärkte, erbringt Klimaschutz bereits mehr als er "kostet". Die vorgesehenen Maßnahmen führen daher nicht nur zu einer besseren CO2-Bilanz, sondern sind der richtige Weg zu einer möglichst großen Kosteneffizienz. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt und die Verbraucher nicht überfordert. Ich glaube, dass wir mit diesem nationalen Programm vorerst auf dem richtigen Weg sind.

Meine Antwort mag Ihnen ernüchternd erscheinen, aber realpolitisch unterliegen wir noch immer dem Primat der Außenpolitik. Die Bundesrepublik stellt sich den neuen Herausforderungen und so sehr ich mir eine internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energiesicherheit wünsche, so sehr zeigt die Vergangenheit und die Gegenwart, dass die Möglichkeiten zurzeit noch auf nationale und außenpolitisch unproblematische Lösungen begrenzt sind.

Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs