Frage an Johannes Kahrs von Dieter S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kahrs,
es ist jetzt nicht der Zeitpunkt zu erwarten, dass Sie auf die unzähligen Argumente gegen den Börsengang jetzt noch eingehen.
Aber Ihre etwas blauäugige Haltung zu der knallharten Strategie der DB-Konzernspitze und vieler Politiker sollten Sie mit anderen bisherigen Jasagern schon noch einmal überdenken, bevor sich das Parlament seiner Pflicht zu einem ernsthaften korrekten Gesetzgebungsvefahren verweigert und die von Lobbyisten und Pöstchenaspiranten durchgesetzte Regierungsverordnung - fast wie bei Brüning - hinnimmt.
Die jahrelangen Versuche, garantierte Staatssubventionen aus Nahverkehr und Netz in private Hände zu überführen, sind nun offenbar endlich von Erfolg gekrönt.
Nachdem die Mehrzweckwaffe Hansen dem Herrn Beck und der SPD schließlich mit einem substanzlosen Tarifvertrag die Zustimmung zum Holding-Modell abgekauft hatte, müsste eigentlich sein schamloser und für alle Gewerkschaften katastrophale Tischseitenwechsel den korrekten Befürwortern der Privatisierung den Kragen platzen lassen.
Meine Fragen:
Kann man messerscharf schließen, dass doch sein kann, was nicht sein darf? Sind manche der so verbissenen Teilprivatisierer längst auf den Aufstiegsplätzen innerhalb der Fraktion oder zwischen Fraktion und Ministerium oder gar zwischen Bundestag und Konzern ? Oder erwartet jemand als Auch-Unternehmer Aufträge von der DBAG? Vor allem eine Frage: Werden Sie jetzt mindestens dafür sorgen, dass das so laut beschworene 100%ige Eigentum des Bundes am Netz endlich in einer LuFV kundenfreundlich festgeschrieben wird ? dass die DBAG nicht mit dem Hinweis auf "Wirtschaftlichkeit" selbstherrlich Schienen und Weichen ausbauen und Strecken verkommen lassen kann, die dann höchstens im Schneckentempo befahren werden dürfen und dann aufgegeben werden? dass die DB AG endlich die Erlöse aus Streckenentgelten und Haltepunktvergütungen kontrolliert investieren muss und sie nicht in die privatisierte VuLAG überführt?
Sehr geehrter Herr Schwarz,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Dieser Tage erreichen mich und die Kollegen im Bundestag zahlreiche Zuschriften von Bürgern, die sich wegen der Bahnreform sorgen. Ich möchte versuchen, diese Sorgen zu zerstreuen und Ihre Fragen bezüglich der Reform zu beantworten.
1. Sie fragen, ob das Bundeseigentum am Schienennetz festgeschrieben wird. Dies ist der Fall. Der Bund behält zu 100 Prozent das Eigentum über die Infrastruktur der Bahnen. Ein privater Anteil von 24,9 % garantiert das alleinige Besetzungsrecht für die Sitze der Anteilseigner im Aufsichtsrat dem Bund.
2. Sie fürchten, dass die teilprivatisierte DB AG künftig Trassen absichtlich „verkommen lassen“ und aufgeben könnte, hierzu ist zu sagen, dass der Bund, wie erläutert, hundertprozentiger Eigentümer der Schieneninfrastruktur bleibt. Die DB AG wird diese aber bewirtschaften, in der sogenannten Leistungs- und Finanzzierungsvereinbarung (LuFV) sind klare Vorgaben zur Qualität des Netzzustandes formuliert. Sollte die Bahn sich nicht daran halten, so sind empfindliche Sanktionen vorgesehen. Im Übrigen sind für den Regionalverkehr die Länder zuständig, die häufig geäußerte Befürchtung, dass Regionalstrecken nach der Bahnreform aufgegeben werden, ist insofern gegenstandslos, bzw. richtet sich an die falsche Adresse.
3. Da die DB AG wirtschaftlich geführt wird, kann der Aufsichtsrat eigenständig entscheiden, wo im Konzern Gewinne investiert werden. Durch die LuFV und andere gesetzliche Regelungen wird aber letztlich sichergestellt, dass die Bahn weiterhin Erlöse reinvestiert.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben, möchte Sie höflich bitten, weitere Anfragen an den für Ihren Wahlkreis in Schwerin zuständigen Abgeordneten zu stellen und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Johannes Kahrs