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Frage von Sascha S. •

Frage an Johannes Kahrs von Sascha S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kahrs,

meine Fragen an Sie betreffen zum einen Ihre aktuelle Aussage in der "Wortbruch-Debatte"
Sie stellen die Behauptung auf, dass gerade der Becksche "Links-Schwenk" zu der Partei "Die-Linke" der Glaubwürdigkeit geschadet hat.

Ich möchte Sie deshalb fragen, in wie weit die Folgenden politischen Entscheidungen Ihrer Meinung nach die Glaubwürdigkeit der SPD beeinträchtigt haben:

-SPD Wahlplakat 2005:
"Angela Merkel will die Mehrwertsteuer auf mindestens 18 % erhöhen. Damit wäre das Vertrauen der Verbraucher sofort wieder verspielt. Allein schon die Möglichkeit einer Steuererhöhung trübt das Konsumklima deutlich ein."

-"Es gibt keine Große Koalition in Berlin", Bundeskanzler Schröder, März 2005. OVB, 7.11.2006, S. 3

-www.spd.de/show/1688002/270705_SPD-Wahlmanifest_2005.pdf
"Deutschland hat sich nicht am Krieg im Irak beteiligt – aus guten
Gründen. (...)"
und: "Ich habe zugleich darauf hingewiesen, dass es keine direkte oder indirekte Beteiligung an einem Krieg geben wird und dabei bleibt es." Gerhard Schröder zum Irak-Krieg 2003 im Bundestag am 13. 2. 2003, zitiert nach Rheinischer Merkur, 2.3.2006, S. 4

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig, beteiligt(e ) sich Deutschland, unter SPD Kanzlerschaft, jedoch am Irak Krieg
Link Urteil: www.bverwg.de/media/archive/3059.pdf

Sie sagen in einem Interview:www.tagesschau.de/inland/interviewkahrsspd2.html
"Die jetzige(...) und die sinkenden Arbeitsmarktzahlen sind in wesentlichen Teilen auf die Agenda 2010 zurückzuführen"

Tatsächlich werden aber über 1,2 Mio. Arbeitslose statistisch nicht als arbeitslos erfasst.
Quelle: Deutscher Bundestag: www.bundestag.de/aktuell/hib/2008/2008_088/02.html

Und hier noch einmal meine Frage. Warum bemängeln Sie, trotz der oben genannten Fakten, gerade den "Links-Schwenk?"? Warum sind bei den oben genannten Themen nicht genau energisch aufgetreten? Im Fall des Irak-Kriegs handelt es sich ja dazu noch um einen Bruch des Grundgesetzes.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Steffens,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich kann verstehen, dass man versucht ist, die Aussagen vor und nach der hessischen Landtagswahl zu einer etwaigen Koalition mit der Linkspartei neben die aus anderen Wahlkämpfen zu stellen. Ich denke aber, dass zwischen einer Öffnung hin zur Linkspartei und den von Ihnen aufgelisteten Aussagen ein wichtiger Unterschied besteht.

Die durch das Wahlergebnis von 2005 erzwungene Große Koalition auf Bundesebene lässt sich mit einer eventuellen Koalition mit der Linkspartei in Hessen nicht vergleichen.

Zum einen gab es bereits diverse Koalitionen zwischen SPD und Union. Wenn auch nicht immer alles reibungslos abläuft und man manche bittere Pille schlucken muß, so ist die Schnittmenge der beiden Parteien immerhin so groß, dass sich keiner allzu sehr verbiegen muß. Man muß dennoch zahlreiche Kompromisse eingehen und kann deshalb nicht immer alle Vorhaben so verwirklichen, wie man es sich wünscht. Dazu zählte auch die von Ihnen erwähnte Erhöhung der Mehrwertsteuer, die maßgeblich auf Betreiben der Unionsvertreter im Bundesrat zurückzuführen ist.

Es ist nicht dasselbe, wenn man sich in eine Koalition begibt, die einen massiven inhaltlichen und strategischen Wandel bedeutet, wie das bei einer rot-roten Koalition in Westdeutschland oder im Bund der Fall wäre. Ich habe auch auf Abgeordnetenwatch mehrfach ausgeführt, warum ich solche Bündnisse ablehne. Da sind z.B. die absolut gegensätzlichen Ansichten zur Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch schlicht die Unfähigkeit der Linkspartei, zumindest ihrer westdeutschen Vertreter, vernünftige und kompetente Politik zu betreiben. Jüngste Äußerungen der Linksparteiabgeordneten in Niedersachsen und Hamburg oder die chaotischen Zustände des Landesverbandes in Bremen belegen dies. Weil als Voraussetzung einer Koalition zuvörderst die Verlässlichkeit des Partners kommt, ist die Linkspartei in den alten Bundesländern und auf Bundesebene für Bündnisse mit der SPD ungeeignet.

Zum anderen lässt sich der Unterschied auch in persönlichen Reaktionen von Bürgern, Presse, Umfrageergebnissen und nicht zuletzt auch durch die Reaktion der Wähler bei der Hamburger Bürgerschaftswahl kurz nach den Aussagen, man solle jetzt doch eine Zusammenarbeit in Hessen prüfen, feststellen.

Ich persönlich will lieber die Wähler der Linkspartei und nicht die Linkspartei selbst für die SPD gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen,

Johannes Kahrs