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Johannes Kahrs
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Frage von Sibylle S. •

Frage an Johannes Kahrs von Sibylle S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Kahrs,
was will Ihre Partei konkret für die Arbeitslosen 50+ tun? Wie sieht die Rentenpolitik gerade für diese Zielgruppe aus? Wir, die 50+-Genaration, hatten nicht alle die Möglichkeit, unsere Rente zu planen, denn, als wir 30 Jahre alt waren, hat noch keiner von uns gedacht, dass es mit unserer Rente so bergab gehen würde.
Danke!

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Antwort von
SPD

Guten Tag Frau Schlegel!
Auch Ihnen danke ich für Ihre Frage. Gerne nehme ich mir die Zeit darauf einzugehen:
Die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist nach wie vor unbefriedigend – da stimme ich mit Ihnen überein. Nahezu ein Viertel aller Arbeitslosen ist älter als 50 Jahre. Sind ältere Arbeitnehmer erst einmal arbeitslos geworden, so haben sie es schwerer als andere Personen, wieder eine Beschäftigung zu finden. Das ist nicht zuletzt die Folge einer verfehlten Politik der Frühverrentung in den 80er- und
90er-Jahren. Mit Hilfe der Frühverrentung haben viele Betriebe ihre Belegschaft verjüngt. Lange Zeit ist man, auch in der SPD, dem Trugschluss aufgesessen, dass das Herausdrängen älterer Menschen aus dem Arbeitsmarkt Beschäftigung für Jüngere ermögliche. Im Nachhinein stellt sich jedoch heraus: Für sieben ältere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz aufgegeben haben, ist nur eine junge Person „nachgerückt“.
Mit der Rentenreform hat die SPD der Frühverrentung und damit der Subventionierung einer kurzfristigen Personalpolitik einen Riegel vorgeschoben. Die Beschäftigungschancen von Älteren sind für die SPD mehr als ein Lippenbekenntnis. Arbeit bedeutet – gerade auch für ältere Menschen – Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben. Aufgrund der demographischen Entwicklung, einem sich abzeichnenden Fachkräftemangel und
der schwindenden Beitragszahlerbasis unseres umlagefinanzierten Rentensystems kann unser Land auf die fachlichen und finanziellen Beiträge Älterer nicht verzichten.
Solange sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt noch nicht grundlegend verbessert hat und die Wirtschaft sich noch nicht zu einer vernünftigen Einstellungs- und Personalpolitik bekennt, ist eine aktive Förderung und Unterstützung Älterer durch die Politik notwendig. Gleichzeitig darf man durch gut gemeinte, aber dennoch falsche Forderungen wie die Wiedereinführung längerer Bezugszeiten beim Arbeitslosengeld nicht zur
bisherigen Praxis zurückkehren. Die Unternehmen sind gefordert, im Sinne eines lebenslangen Lernens verstärkt in die betriebliche Weiterbildung zu investieren, um es so den Menschen zu ermöglichen, länger am Erwerbsleben teilnehmen zu können. Die Erfahrungen mit dem Kündigungsschutz haben gezeigt, dass die ständigen Rufe aus der Wirtschaft, diesen zu lockern, keine sinnvolle Lösung bieten. Verstärkte Beschäftigungsmaßnahmen speziell bei den älteren Arbeitslosen wurden bereits angekündigt. Diese werden umgehend in Form von Beschäftigungspakten umgesetzt, welche mit der Wirtschaft, den Ländern und Regionen zur Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser abgeschlossen werden. Dies erfordert das Engagement aller beteiligten Akteure und einen Spagat zwischen zwei Zielen: Es muss daran festgehalten werden, dass keine – auch gut gemeinte – Fehlanreize gesetzt werden, mit Hilfe derer ältere
Arbeitnehmer aus dem Arbeitsleben gedrängt werden. Die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt und eine höhere Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer muss oberstes Ziel bleiben. Gleichzeitig müssen sinnvolle Überbrückungsmöglichkeiten geschaffen werden, solange die Beschäftigungschancen von Älteren noch nicht zufriedenstellend sind.
Die Beschäftigungspakte auf den drei Ebenen Wirtschaft, Länder und Regionen tragen diesem Spagat Rechnung. Alle Akteure sind aufgefordert aktiv mitzuwirken. Konkret ist dabei Folgendes vorgesehen:
1. Beschäftigungspakt mit der Wirtschaft
Ein Pakt zwischen Politik, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden soll die Beschäftigungschancen Älterer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern. Erste Gespräche wurden hier schon geführt. Klar ist: Unternehmen müssen ihren Teil dazu beitragen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Hier stehen sie in der gesellschaftlichen Verantwortung. Mit der Verlängerung verschiedener arbeitsmarktpolitischer Instrumente,
welche die Einstellung älterer Arbeitsloser begünstigen, macht die SPD einen ersten Schritt und geht in Vorleistung. Die Akteure auf dem Arbeitsmarkt sind hier gefordert, dieses Angebot offensiv aufzugreifen und vor Ort dafür zu werben. Bis Ende 2007 wird die Einstellung älterer Arbeitnehmer durch folgende Maßnahmen unterstützt:
Arbeitgeber, die einen über 55-jährigen Arbeitslosen erstmalig beschäftigen,
werden von ihrem Beitrag zur Arbeitslosenversicherung befreit. Arbeitslose, die älter als 50 Jahre sind und eine Beschäftigung aufnehmen, bei der sie weniger als zuvor verdienen, können für eine bestimmte Zeit eine Aufstockung ihres Gehaltes um 50 % des Unterschiedsbetrages zum vorherigen Einkommen erhalten.
Für über 50-jährige Arbeitnehmer in einem Betrieb mit weniger als 100 Beschäftigten übernimmt die Arbeitsagentur die Kosten der Weiterbildung. Arbeitnehmer, die älter als 52 Jahre sind, können ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet beschäftigt werden. Das Scheinargument eines zu rigiden Kündigungsschutzes kann die Wirtschaft bei dieser Personengruppe also auf keinen Fall geltend machen.
2. Beschäftigungspakt mit den Ländern – 50.000 Zusatzjobs für Ältere Zwar hat die Wiedereingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt Vorrang gegenüber allen Fördermaßnahmen. Allerdings ist es für die Zielgruppe der Älteren gerade in strukturschwachen Regionen notwendig, Arbeitslosigkeit durch eine öffentlich geförderte Beschäftigung sozial abzufedern und eine Perspektive bis zum Übergang in die Rente zu eröffnen. Für über 58-Jährige werden in Zusammenarbeit mit den Ländern insgesamt 50.000 Zusatzjobs in gesellschaftlich sinnvollen Beschäftigungsfeldern eingerichtet. Auf
Erfahrungen aus erfolgreichen Landesprogrammen wie „Aktiv zur Rente“ kann hier zurückgegriffen werden. Aktivitäten in Sportvereinen oder Unterstützung von Erziehungsarbeit sind eine sinnvolle Alternative zur Arbeitslosigkeit.
3. Beschäftigungspakt mit den Regionen – Förderung innovativer Projekte und Vorbilder mit 250 Mio. € Durch Einbeziehung der Wirtschaft, Gewerkschaften sowie aller regionalen
Akteure werden auch lokale Erfahrungen und Potentiale genutzt. Durch die Bereitstellung von lokalen bzw. regionalen Budgets sollen neue Wege zur Eingliederung älterer Langzeitarbeitsloser eröffnet werden. Hierzu sollen in einem bundesweiten Wettbewerb die 50 besten Konzepte mit jeweils 5 Mio. Euro – insgesamt also mit 250 Mio. Euro – gefördert werden. Diese Maßnahmen und die Rentenreform der Agenda 2010 halten die
Rentenbeiträge stabil. „Die Rentner können sich auf die SPD verlassen“. So steht es auch im Wahlmanifest.

Mit freundlichem Gruß

Johannes Kahrs