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Frage von Sabine R. •

Frage an Johannes Kahrs von Sabine R. bezüglich Finanzen

Guten Abend,
Verlustverrechnung bei Termingeschäften nach § 20 Abs. 6 EstG:
Ich bin da gerade etwas sprachlos:
1.) Wie soll ich in Zukunft mein Depot zur Altersvorsorge absichern?

2.) Warum gilt dieses neue Gesetzt ausschließlich für Kleinanleger?

3.) Warum sind Banken Hedgefonds etc. von dem Gesetz ausgenommen?

4.) Ist dieses Gesetz - Ihrer persönlichen Meinung nach - mit dem Grundgesetz vereinbar?
Durch das neue Gesetzt sieht es jetzt folgendermaßen aus:
Ein erfolgreicher Kleinspekulant handelt regelmäßig Hebelzertifikate, CFDs oder Optionen, Bonus- und konservative Discount- Zertifikate etc. Dass dabei auch eine gewisse Zahl an Verlust-Trades anfällt, liegt in der Natur der Sache. Hat er bislang auf das Gesamtjahr gerechnet 100.000 Euro Gewinn und 80.000 Euro Verlust gemacht, so hatte er 20.000 Euro zu versteuern, was einer Steuerlast von € 5.000.-- entsprach..
Nach der neuen Regelung werden allerdings 90.000 Euro umgehend vom Broker versteuert.
Die Steuerlast würde also € 22.500 EUR betragen, obwohl eigentlich nur 20.000 Gewinn gemacht wurden.
Der Anleger hätte somit sogar eine Art Nachschusspflicht gegenüber dem Staat von € 2.500.
Ich will nicht sagen, dass die Planer dieses Gesetztes keinen Verstand haben, nur sehe ich leider den Verstand nicht.
Lediglich 10.000 Euro seiner Verluste sind p.a. absetzbar. Die Steuer auf die Gewinne erfolgreichen Trades werden stets automatisch + sofort abgezogen – die Erstattung auf Verluste muss sich der Anleger gedeckelt auf € 10.000 p.a. jahrelang vom Fiskus zurückholen.
Ob klasssische Anlagezertifikate wie strukturierte Anleihen, Bonus- oder defensive Discountzertifikate unter die Definition eines „Termingeschäfts“ im Sinne der neuen Regelung fallen, geht aus dem Gesetzestext nicht eindeutig hervor.
5.) Bitte teilen Sie mir auch genau mit, welche Papiere genau unter die Definition „Termingeschäfte“ im Sinne der neuen Regelung fallen und welche nicht, damit ich 2020 Planungssicherheit habe ?
MfG
S. R.

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Antwort von
SPD

Moin Frau R.,

auch Ihnen danke ich für Ihre Fragen zur Änderung des EStG.
Ich erlaube mir, Ihre Fragen mit jenen von Herrn Kock zu "verrechnen", da diese in die gleiche Richtung gezielt haben.

Im Rahmen des (etwas langatmig formulierten) "Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen" wurde eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, und wertlosen Kapitalforderungen beschlossen.

Als Termingeschäfte können insbesondere Optionen, Futures, Forwards, Devisentermingeschäfte und sogenannte Swaps bezeichnet werden.

Die Begrenzung der Verlustverrechnung gilt für im Privatvermögen gehaltene Kapitalforderungen. Unternehmen, die Kapitalanlagen im Betriebsvermögen halten, sind davon nicht betroffen.

Verluste aber aus dem Ausfall von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalforderungen konnten bisher steuerlich nicht geltend gemacht werden.

Dies entsprach dem Grundsatz, dass Erträge/Verluste aus der Kapitalnutzung steuerlich berücksichtigt werden, Wertänderungen am Kapitalstamms aber unbeachtlich sind.
Der Bundesfinanzhof ist in seiner Rechtsprechung von diesem Grundsatz nun abgerückt:

Durch die jetzt getroffene Regelung wird darum eine beschränkte Verlustverrechnung zugelassen.

Die Verluste aus dem Ausfall von Kapitalforderungen, etwa einer wertlos gewordenen Aktie, werden insoweit anerkannt, dass sie mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 10.000 Euro ausgeglichen werden.

Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von bis zu 10.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.

Verluste aus verfallenen Optionen konnten von 2016 bis 2019 steuerlich geltend gemacht werden.

Jetzt kommt's: Mit der nunmehr getroffenen Regelung können Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden.

(Die Verlustverrechnung ist dabei ebenfalls beschränkt auf 10.000 Euro.)

Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden.

Eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften ist in unseren Augen auch gerechtfertigt, da es sich dabei i.d.R. um riskante Finanzwetten handelt, hinter denen kein realwirtschaftlicher Absicherungszweck steht. Solche spekulativen Zwecke sollten nach unserer Auffassung im Verlustfalle nicht in vollem Umfang zu Lasten der Allgemeinheit gehen.

Durch die Beschränkungen wird die Verlustverrechnung nicht versagt, sondern zeitlich gestreckt.

Kleinanlegern wird die steuerliche Berücksichtigung der Verluste i.d.R. sofort gewährt!

Für Anleger mit höheren Vermögenswerten ist die Begrenzung der Verlustverrechnung vertretbar, da diese für ihre in größerem Umfang erzielten Kapitalerträgen durch den niedrigen Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent begünstigt werden.

Entgegen der Behauptung von Kritikern der Neuregelung stellt die Beschränkung der Verlustverrechnung aus dem Ausfall von Kapitalanlagen auch kein ernsthaftes Hindernis für das Altersvorsorgesparen dar.

Bei der Kapitalanlage zum Zwecke der Altersvorsorge sind langfristig orientierte Investitionen in risikoarme Kapitalanlagen zu empfehlen.

Altersvorsorgesparer dürften deshalb von einem Ausfall von Kapitalanlagen kaum betroffen sein.

Wir beobachten das aber weiter und werden sehen, wie das in der Praxis umgesetzt werden.

Sollten es für Altersvorsorgesparer eine negative Entwicklung diesbezüglich geben, werden wir rechtlich nachsteuern.

Es kann nicht in unserem Sinn sein, das die Altersvorsorge doppelt und dreifach besteuert wird!

Im Übrigen gehe ich davon aus, dass die neue Regelung gerichtsfest ist, allerdings bin ich kein ausgewiesener Experte im Bereich des Steuerrechts.

Sollten Sie weiteren Klärungsbedarf sehen, melden Sie sich gerne bei mir!

Fröhlicher Gruß

Ihr

Johannes Kahrs