Frage an Johannes Kahrs von Heike H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Hr. Kahrs,
warum haben Sie gegen ein allgemeines Tempolimit von 130 auf Deutschen Autobahnen gestimmt? Hiermit würde ohne großen Aufwand nicht nur ein großer Schritt in Richtung Klimaschutz getan werden, sondern es könnten auch Menschenleben gerettet werden (vielleicht sogar mal das von Ihnen oder ihnen nahestehenden Menschen).
Mit freundlichen Grüßen,
Heike Hertrich
Moin Frau H.,
herzlichen Dank für Ihre Mail zur Abstimmung über ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen in Deutschland. Sie haben mit Ihrer Forderung Recht, auch meine Partei, die SPD, hat bereits 2007 einen entsprechenden Beschluss für ein Tempolimit gefasst. Leider wird diese Meinung aber nicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geteilt. Er hat eine aufkeimende Diskussion in den entsprechenden Fachgremien darüber Anfang des Jahres unverzüglich beendet und damit eine auch mir unverständliche rote Linie gezogen.
Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU haben wir uns darauf geeinigt, dass über das Verfahren und die Arbeit im Parlament Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt wird. Beim Thema Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen ist dies aber nun nicht der Fall, deshalb werde ich den Antrag der Grünen ablehnen und so den Koalitionsvertrag einhalten.
Dennoch gibt es auch aus meiner Sicht nur Argumente für ein allgemeines Tempolimit:
Derzeit sind etwa 70 Prozent aller Bundesautobahnen (BAB) ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Im Jahr 2018 ereigneten sich auf allen BAB 20.537 Unfälle mit Personenschaden. Dabei starben 383 Personen. Die Unfallzahlen stagnieren seit Jahren. Eine genaue Prognose der Effekte eines allgemeinen Tempolimits auf die Unfallzahlen ist zwar nicht möglich, allerdings gibt es klare Hinweise auf einen positiven Effekt eines allgemeinen Tempolimits auf die Verkehrssicherheit. So kommt eine Untersuchung des Landes Brandenburg aus dem Jahr 2007 zu dem Ergebnis, dass die Einführung eines Tempolimits auf der A24 zwischen Wittstock/Dosse und Havelland eine effektive Reduktion der Unfallzahlen von 26,5 Prozent bewirkt habe. Ähnliche Effekte seien auch in Nordrhein-Westfalen zu beobachten gewesen.
Diese Zahlen lassen sich zwar nicht ohne weiteres auf das Gesamtnetz der Autobahnen übertragen, da die Effekte eines nicht nur streckenabschnittsweise-begrenzten Tempolimits nicht kalkuliert werden können. Dennoch gehen seriöse Schätzungen davon aus, dass ein allgemeines Tempolimit die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten um 80 bis 140 Fälle reduzieren könnte. Fakt ist, dass 42 Prozent aller schweren Unfälle auf Autobahnen sogenannte Geschwindigkeitsunfälle sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der schweren Unfälle stark rückläufig wäre, ist damit hoch. Neben der Zahl der Getöteten ist auch die Zahl der Schwerverletzten durch Unfälle auf Bundesautobahnen ein wichtiger Faktor, der durch die Geschwindigkeitsbegrenzung reduziert werden könnte.
Festzustellen bleibt, dass keine Studie bislang zu dem Ergebnis gekommen ist, ein Tempolimit hätte insgesamt negative Effekte auf die Unfallzahlen. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Tempolimit in jedem Fall positive Effekte auf die Unfallzahlen hätte.
Auch mit Blick auf den Klimaschutz ist ein großes Einsparpotential von CO2-Emmissionen zu erwarten. Der Kraftstoffverbrauch hängt exponentiell mit der Geschwindigkeit zusammen. Ein Pkw verbraucht bei 160 km/h bis zu 35 Prozent Kraftstoff mehr als bei 130 km/h. Die AG1 der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität kommt zu dem Schluss, dass 1,2 Mio Tonnen CO2 eingespart werden könnten, der ADAC spricht sogar von „bis zu 2 Millionen Tonnen“ - und all dies, ohne nennenswerte Kosten. Gemessen am Gesamtvolumen der angestrebten Minderung im Verkehrssektor bis 2030 von ungefähr 60 Mio. Tonnen wäre dies ein erheblicher Beitrag.
Ich kann Ihnen versichern, dass sowohl meine Fraktion und auch ich mich persönlich für ein allgemeines Tempolimit einsetzen werden. Ohne die Unionsparteien wird es allerdings in dieser Legislaturperiode allerdings keine Mehrheit für ein Tempolimit geben können, da auch FDP und AfD dagegen sind.
Deshalb möchte ich Ihnen empfehlen, sich mit Ihrem Anliegen auch direkt an die Abgeordneten von CDU und CSU zu wenden.
Dies auf die Schnelle und ich hoffe natürlich, dass Ihren und meinen Angehörigen dieses Schicksal erspart bleibt und diese weiter gesund und fröhlich durch die Straßen laufen können!
Fröhlicher Gruß
Ihr
Johannes Kahrs