Frage an Johannes Kahrs von Peter M.
Sehr geehrter Herr Kahrs,
als Befürworter der "Ehe für alle" begründen Sie Ihre Haltung unter anderem mit einem gewandelten gesellschaftlichen Verständnis. Weiteres Argument ist, dass die Ehe Symbol des Einstehens für einander ist, unabhängig vom Geschlecht.
Wie Sie vermutlich wissen, ist die Polygamie auf der Welt weit verbreitet und auch bei uns sind Mehrpartnerbeziehungen inzwischen nicht mehr verpöhnt oder unüblich.
Nach der Argumentation der Befürworter ist für mich nicht ersichtlich, warum die Ehe nur zwischen 2 Menschen schützenswert ist; nach Ihrer Argumentation gibt auch das Grundgesetz in Art. 6 GG dafür keine Begrenzung, wenn Sie dort schon nicht die Ehe als Verbindung von Mann und Frau finden wollen.
Mit welchen Argumenten wollen Sie zwar gleichgeschlechtliche Beziehungen schützen, nicht jedoch Beziehungen zwischen mehr als 2 Menschen, z.B. 1 Mann und 2 oder mehr Frauen oder Männern ?
Sie haben sich zwar hier gegenüber einem Bürger bereits einer Antwort dazu entzogen, da Sie "die Gleichstellung von Schwulen und Lesben nicht mit Polygamie vermengen" wollen. Das ist allerdings ein dürftiges, politikertypisches Ausweichen, denn Sie argumentieren wie alle Befürworter der "Ehe für alle" gerade nicht mit rein gleichgeschlechtsspezifischen Besonderheiten, sondern mit Argumenten, die genauso auf Polygamie übertragen werden können, so dass ich um eine fundierte Begründung bitte, was den (verfassungsrechtlichen) Unterschied machen soll. Auch wenn Sie sich (nur) "den Belangen von Schwulen und Lesben verantwortlich" fühlen, ist es Aufgabe des Abgeordneten als Vertreter des gesamten Volkes und Teil der Legislative, sich über "Folgeprobleme" einer Regelung im Klaren zu sein, was Sie mit einer Antwort belegen können.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ohne in diesem Forum eine verfassungsrechtliche Abhandlung in Gang zu bringen: Die Ihrerseits aufgeworfene Frage des Art. 6 GG hat wenig damit zu tun, dass ich eine Legaldefinition der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau im Grundgesetz nicht finden will. Sie gibt es schlichtweg nicht. Einzig wird durch besagten Artikel die Ehe und die Familie unter besonderen Schutz des Staates gestellt. Was widerum „Ehe“ bedeutet, dazu schweigt das Grundgesetz.
Unser Ziel ist und war, dass zwei homosexuelle Menschen, die sich lieben, die gleichen Rechte haben, die jedes andere heterosexuelle Paar auch hat – alles andere ist Diskriminierung. Da das Institut der Vielehe rechtlich in Deutschland nicht vorgesehen ist, erkenne ich auch keine Ungleichbehandlung, die es abzustellen gilt. Unser Slogan ist „Ehe für alle“, nicht „Ehe mit allen“.
Mit freundlichem Gruß
Johannes Kahrs