Frage an Johannes Kahrs von Andreas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Kahrs,
Frau Nahles plant eine umfassende Reform des Scheinselbständigkeitsgesetzes. Wie ist Ihre Position zu den geplanten Änderungen für Freiberufler? Ist Ihnen die Brisanz des neuen Entwurfs in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen für Freiberufler bewusst? Werden Sie sich für Änderungen im Gesetzestext einsetzen, die dafür sorgen, dass sich die Situation für freiberufliche Wissensarbeitern mit ausreichend hohem Verdienst gegenüber Stand heute nicht verschlechtert?
Viele Grüße aus dem Herzen Hamburgs
Andreas Stephan
Sehr geehrter Herr Stephan,
durch bis dato gesetzlich unklar definierte Richtlinien bezüglich der Abgrenzung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie Leiharbeit und Werkverträgen können bestehende Arbeitsstandards umgangen und Fremdpersonal in Dienst- und Werkverträgen in einer dem Arbeitsrecht nicht konformen Art und Weise beschäftigt werden. So können Unternehmen Leiharbeit unter dem Deckmantel von Werkverträgen praktizieren. Zukünftig soll dies durch klare Strukturen für Leiharbeit und Werkverträge verhindert werden. Auch die Einführung einer Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich 18 Monaten, wonach ein/e Leiharbeiter/in nach einer Frist von eineinhalb Jahren automatisch in dem Betrieb eingestellt werden muss, stellt ein Instrument zur Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit dar. Wie auch bei der erfolgreichen Einführung des Mindestlohns ist eine Kontrolle zur Einhaltung der Neuregelungen für die Effizienz der Reform unverzichtbar. Vor diesem Hintergrund wird auch die Stärkung der Informationsrechte des Betriebsrates ersichtlich, um den Schutz der Arbeitnehmerseite zu stärken. Es besteht in dieser Angelegenheit also konkreter Handlungsbedarf. Um sicherzustellen, dass die Neuregelungen genau dort die richtigen Impulse setzen, wo sie gebraucht werden und nicht bestehenden positiven Berufssituationen von Freiberuflern entgegenwirken, ist die Abgrenzung von abhängiger zu selbstständiger Tätigkeit gesetzlich niedergelegt. Die geplante Reform soll folglich die soziale Absicherung von bisher abhängig Beschäftigten stärken, anstatt die beruflichen Freiheiten von Selbstständigen zu reglementieren. Da Sie sich als Freiberufler mit ausreichend hohem Verdienst nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis befinden, sind Sie von den Regelungen der Reform nicht betroffen. Bei der geplanten Reform handelt es sich um einen erst kürzlich erlassenen Kabinettsbeschluss, der dem Bundestag in den folgenden Wochen zur Prüfung vorgelegt wird. Für das parlamentarische Verfahren gilt wie immer das Struck¹sche Gesetz: kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es hineingekommen ist.
Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs