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Frage von Wilhelm M. •

Frage an Johannes Kahrs von Wilhelm M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kahrs,

Im Rahmen des erneuten Aufkommens des Themas Vorratsdatenspeicherung, also der Überwachung der Telekommunikation und der Internetnutzung der deutschen Bürger, und des sich immer weiter vergrößernden BND/NSA-Skandals, möchte ich sie fragen wie sie zum Thema Vorratsdatenspeicherung stehen.

Würden sie dafür oder dagegen stimmen?
Sollten sie für JA stimmen, so bitte ich um eine Beantwortung der Frage, wieso sie gedenken dies zu tun. Was für Argumente und Studien sind für sie die überzeugenden, so dass sie die negativen Aspekte übertrumpfen? Entstünde bei Ihnen kein Gewissenskonflikt?

Daran anschließend möchte ich Sie an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010 erinnern. Ich frage mich, wie viele unserer Grundrechte wir bereit sind einzugrenzen und herzugeben, um in unserer freiheitlichen Demokratie für "Sicherheit zu sorgen".

Mit freundlichem Gruß,

Wilhelm Milus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Milos,

vielen Dank für ihre Frage. Die Vorratsdatenspeicherung wird in verschiedenen EU-Ländern schon seit längerem eingesetzt und dies sehr erfolgreich. Aus meiner Sicht hilft die Vorratsdatenspeicherung den Behörden schwere Verbrechen aufzuklären und somit für mehr Sicherheit zu sorgen.

Bei der Einführung solcher Regelungen sind für die SPD und mich persönlich die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes die oberste Richtschur. Die von Bundesjustizminister Maas vorgelegten Leitlinien sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, vorherige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver als CDU/CSU es wollen:

- Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden. Der elektronische Postverkehr, also Emails, sind ganz deutlich von der Regelung ausgenommen.

- Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.

- Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.

- Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, d.h. nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Daten abrufen und es gibt keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der von Minister Maas vorgelegte Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.

- Die Leitlinien enthalten zudem eine datenschutzrechtliche Verbesserung zur geltenden Rechtslage: Das Gesetz wird die Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Abruf der genannten Daten abschließend regeln. Speichert ein TK-Anbieter die Daten über den verpflichtend vorgegebenen Zeitraum auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. zu Zwecken der Vertragserfüllung, weiterhin, so ist der Abruf nach diesem Gesetz dennoch nach Ablauf der 10 bzw. 4 Wochen untersagt.

- Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei.

Die Leitlinien sind eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren. Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion werde ich dafür Sorge tragen, dass die oben beschriebenen Grundsätze ohne Ausnahmen in die gesetzlichen Detailregelungen übernommen werden. Ich bin mir sicher, dass am Ende ein ausgewogener Kompromiss stehen wird, welcher für mehr Sicherheit sorgt, aber dabei die größtmögliche Privatsphäre für Sie garantiert. Deutschland hätte damit die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten in ganz Europa.

Ich freue mich, wenn Sie den weiteren Verlauf der Diskussion verfolgen und
Ihre
Meinung mit einbringen. Bleiben Sie gerne mit mir im Gespräch.

Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs