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Johannes Kahrs
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Frage von Günter B. •

Frage an Johannes Kahrs von Günter B. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Kahrs, vor Jahren löste ein Artikel über die beschränkte Abwehrbereitschaft der Bundeswehr eine Staatskrise aus - müßten Sie als Oberst der Reserve den gegenwärtigen personellen und materiellen Zustand der Bundeswehr nicht genauso beurteilen? - Sind Vorschläge der Ministerin nicht vor allem kosmetischer Art? Löst der Vorschlag mehr Frauen zu verpflichten irgendein Problem der kämpfenden Truppe - wenn selbst die Israelis Frauen nur in der Etappe einsetzen? - Ist die Bundeswehr nicht heillos unterfinanziert - ein Skandal bei dem reichsten Land der EU , das in einer geradezu kindlichen Art zugleich stolz darauf ist, bei der Haushaltsplanung hinsichtlich der Neuverschuldung eine Nullrunde hinzulegen... -Warum werden bei der Planung von militärischen Großprojekten ständig neuere Erkenntnisse ignoriert? Der renommierte amerikanische Futurologe Prof. Raymond Kurzweil weist seit Jahren darauf hin, daß sich die Speicherkapazitäten der Computerchips nicht linear , sondern exponentiell erweitert haben und weiterentwickeln werden. Das bedeutet, daß sich alle computergestützten Techniken in wesentlich kürzeren Intervallen entwickeln als bisher angenommen!! Wir bekommen dies gerade bei der Entwicklung der Erneuerbaren Energie zu spüren : Weil die sogenannten Fachleute die Entwicklungsgeschwindigkeit erheblich unterschätzt hatten und noch unterschätzen , mußte die Umstellung paradoxerweise abgebremst werden.!
Ähnliche Desaster drohen militärischen Großprojekten mit z.T. nebulösen Laufzeiten! Wie wollen Sie solche Entwicklungen verhindern -die den Steuerzahler unnötige Summen kosten ?! Zwingt diese Entwicklung nicht geradezu zu einer engeren europäischen Zusammenarbeit ? G.Brachvogel

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Sehr geehrter Herr Brachvogel,

vielen Dank für Ihre Frage. Mit Einigem was Sie sagen haben Sie durchaus Recht. Viele Probleme bei der Bundeswehr und der Beschaffung der Ausrüstung sind hausgemacht und müssen korrigiert werden. Die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte und die Qualität ihrer Ausrüstung steht und fällt mit den Strukturen und Prozessen im Bundesministerium der Verteidigung – leider hilft genau deshalb mehr Geld aber derzeit gar nichts.

In der Sache unterstütze ich Frau von der Leyen voll und ganz: unserer Streitkräfte müssen einsatzbereit und bestmöglich ausgestattet sein. Die demographische Situation der kommenden Jahre und die Abschaffung der Wehrpflicht zwingt uns noch deutlich mehr in die Attraktivität der Streitkräfte zu investieren. Ein ganz entscheidender Teil der Lösung liegt jedoch nicht in der Erhöhung des Wehretats. Bevor man über zusätzlich Mittel spricht, müssen strukturelle Probleme angegangen werden: Die Entwicklungen der letzten zwei Jahre sind ein deutliches Argument gegen eine Etaterhöhung. Im Jahr 2013 konnten 1,3 Mrd. € nicht ausgegeben werden, im Jahr 2014 wurden 900 Mio. € im Bereich der Ausrüstung nicht ausgegeben und im laufenden Jahr erscheint mir ein vollständiger Mittelabfluss auch wieder sehr unwahrscheinlich. Bevor die Ursachen dafür nicht beseitigt wurden, wäre es ein Widerspruch den Etat zu erhöhen.

Die Ursachen dafür sind lange bekannt und auch schon von Frau von der Leyen als solche benannt worden. Strukturen und Prozesse im Ministerium sind an ihre Grenzen gestoßen und teilweise marode und dringend reformbedürftig. Einige von der Ministerin angestoßene Maßnahmen gehen bereits in die richtige Richtung, zeigen aber noch keine Wirkung.

In dem Bemühen um die bestmögliche Ausstattung der Soldaten, die stetige Erhöhung der Attraktivität der Streitkräfte als Arbeitgeber für junge Frauen und Männer, den Ausbau und die Modernisierung der Liegenschaften und der Infrastruktur der Streitkräfte hat die Ministerin mich als zuverlässigen Partner an ihrer Seite. Aus Verantwortung gegenüber den Streitkräften und auch dem Steuerzahler kann man die Debatte um eine Erhöhung der Finanzmittel jedoch erst führen, wenn die Ministerin ihr Haus so in Ordnung gebracht hat, dass ihr Haushalt funktioniert und die aufgewendeten Gelder abfließen können, um einen möglichst hohen Nutzen zu erzielen. Wenn das der Fall ist, ist auch eine Erhöhung der Mittel vorstellbar.

Es gilt nach wie vor die von Frank Weise (Chef der Bundesagentur für Arbeit und Vorsitzender der Kommission zur Reform des BMVg) getroffene Aussage: In ein durch und durch marodes System darf vorerst kein zusätzliches Geld fließen. „Bevor man die strukturellen Probleme nicht im Griff hat, bringt es nichts, über Geld zu reden. Geld sollte man nur in gute Strukturen und gute Prozesse hineingeben. Wenn man es vorher macht, deckt man die Probleme nur zu.“ Allen Beteiligten muss mittlerweile deutlich vor Augen stehen: die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte wird nicht durch mehr Geld erhöht, sondern durch die umfassende Reform des Verteidigungsministeriums.

Eine engere europäische Zusammenarbeit ist nach wie vor sehr wünschenswert und wie Sie schon sagten, geradezu zwingend notwendig. Auch ich bedauere, dass es hier weiterhin kaum Fortschritte gibt. Die SPD-Fraktion unterstützt allerdings die Bestrebungen zu mehr Zusammenarbeit ausdrücklich. Hierzu empfehle ich Ihnen unser Positionspapier, das Sie unter folgendem Link einsehen können:

file:///Users/kahrsjoma01/Downloads/Positionspapier%20Europaeisierung-AGSV-
final-2014-11-14.pdf

Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs