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Frage von Jörn T. •

Frage an Johannes Kahrs von Jörn T.

Sehr geehrter Herr Kahrs,

Betr.: TTIP Abkommen & TISA-Abkommen

Am 4. Januar 2015 erschien auf Spiegel-Online ein Artikel zu dem TTIP-Abkommen ("Agrarminister Schmidt zu TTIP: Wir können nicht mehr jede Wurst schützen"). Zu diesem Artikel wurden am gleichen Tag über 1.000 Leserkommentare online gestellt. Das ist ein Rekord. Ich behaupte, das Thema TTIP und TISA regt die Wähler auf.

Darf ich Sie fragen, wie Sie abstimmen werden?

Ich bin seit 35 Jahren Außenhandelskaufmann in Hamburg. Durch die WTO (World Trade Organization) haben wir mit dem Nahen Osten, dem Fernen Osten und Amerika sämtliche Zollschranken abgebaut. Ich kann nicht erkennen, weshalb TTIP den Handel zwischen den USA und der EU beleben soll. Es gibt zwischen diesen beiden Wirtschaftsblöcken fast keine Handelshemmnisse mehr.

Das Problem ist vielmehr, das die USA dermaßen überschuldet sind, dass sie niemals mehr ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigerstaaten (China, Deutschland, Japan usw) werden begleichen können. Aus diesem Grund streben die USA nun auch nach der wirtschaftlichen Weltherrschaft. Gemäß TTIP werden künftig geheime Schiedsgerichte Streitigkeiten zwischen Konzernen und Regierungen regeln. Das wird dazu führen, dass TTIP unseren Sozialstaat, unsere Justiz, unseren Umweltschutz, unser Finanzsystem, unsere Versorgungsunternehmen, schlicht unsere gesamte Daseinsfürsorge und Demokratie zerschlagen wird. Nutznießer werden die US-amerikanischen Konzerne sein.

Sind die Abgeordneten der großen Koalition wirklich so naiv, dieses nicht zu durchschauen. Können Sie es verantworten, einem Gesetzeswerk von mehr als 5.000 Seiten zuzustimmen, ohne die Folgen einschätzen zu können?

Wollen Sie das wirklich?

PS: Info zum Thema TISA unter http://www.tagesschau.de/wirtschaft/tisa-102.html

Mit freundlichen Grüßen
Jörn Timmermann, Hamburg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zimmermann,

ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass keine zeitnahe Abstimmung über CETA oder TTIP im Bundestag oder in der SPD-Fraktion ansteht, weil derzeit dem Bundestag schlichtweg kein Verhandlungsergebnis vorliegt. Auch in Brüssel wird keine zeitnahe Entscheidung fallen. Im Gegenteil, es wird mindestens noch ein Jahr Verhandlungsprozesse auf europäischer und auf nationaler Ebene geben. Der Verhandlungstext des CETA-Abkommens wird derzeit auf EU-Ebene überarbeitet. Das Bundeswirtschaftsministerium bringt dabei im Rat der Handelsminister der EU insbesondere Änderungsvorschläge zu den Schiedsgerichtsverfahren im Rahmen des Investorenschutzes ein. Der Rat, wo die nationalen Regierungen vertreten sind, und das Europäische Parlament werden frühestens Ende 2015, eher Anfang/Mitte 2016 über das Abkommen entscheiden. Dann erst kann das Abkommen in Kraft treten ­ allerdings nur vorläufig, da ich davon ausgehe, dass es sich hierbei um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handeln wird. Bei einem gemischten Abkommen müssten alle 28 Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizieren. Das würde voraussichtlich erst 2017 der Fall sein. Aus diesem Grund ist es schlichtweg nicht möglich mich bereits jetzt über Zustimmung oder Ablehnung des Verhandlungsergebnisses zu äußern, solange mir die konkreten Inhalte nicht einmal vorliegen.

Klar ist aber auch, das die SPD gemeinsame Ziele und Anforderungen an die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) und das europäisch-kanadische Abkommen CETA formuliert hat, die auch ich unterstütze. Diese Ziele beinhalten, dass die mhohen deutschen Standards bei Arbeitnehmerrechten, Verbraucher- und Umweltschutz, der Daseinsvorsorge sowie die demokratischen und rechtstaatlichen Standards gewahrt bleiben müssen. Darüber hinaus müssen die Entscheidungen des Abkommens transparent gemacht und die nationalen Parlamente beteiligt werden.

In den anstehenden Verhandlungen wird sich die SPD für die Durchsetzung der beschlossenen Ziele einsetzen und auch gegenüber unseren europäischen Partnern dafür werben. Dies tun auch unsere Abgeordneten im Europäischen Parlament im Rahmen der dortigen Verhandlungen. Sigmar Gabriel hat außerdem deutlich gemacht, dass am Ende zusätzlich ein SPD-Parteitag beziehungsweise ein Parteikonvent vor der Abstimmung um Zustimmung gebeten wird. Das Thema wird uns also noch auf vielen Ebenen über die nächsten Jahre begleiten und derzeit wäre es sicherlich verfrüht, die Meinungsbildung darüber bereits endgültig abzuschließen.

Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs