Portrait von Johannes Kahrs
Johannes Kahrs
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Johannes Kahrs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas S. •

Frage an Johannes Kahrs von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kahrs,

Aus dem Blog von Abgeordnetenwatch:

"Vielleicht fragen Sie sich, warum Rüstungskonzerne einem SPD-Kreisverband in Hamburg-Mitte mehrere zehntausend Euro spenden? Dieser konkrete Fall stammt aus dem Bundestagswahlkampf 2005, als Unternehmen wie Rheinmetall und Krauss-Maffei-Wegmann den Kreisverband des SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs mit rund 60.000 Euro bedachten. Kahrs holte das Direktmandat und wurde im Bundestag als SPD-Berichterstatter zuständig für den Verteidigungsetat. Dass wenig später der Projektansatz für den Schützenpanzer Puma - Hersteller: Rheinmetall und Krauss-Maffei-Wegmann - von 2 auf 3 Milliarden Euro erhöht wurde, war vermutlich einem Zufall geschuldet."

https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2014-10-23/lobbyisten-berater-turoffner-die-interessenkonflikte-der-abgeordneten-infografik

Wie stehen Sie zu diesen Informationen?

Finden Sie es ok,dass Ihr Kreisverband Spenden der Rüstungsindustrie annimmt?

Zitat Spiegel:

"Über Monate verzögerten Abgeordnete die Anschaffung von Patrouillenfahrzeugen, die dringend für den Afghanistan-Einsatz benötigt werden - im Interesse deutscher Rüstungsunternehmen.(...)

Im Haushaltsausschuss, (...) war es der Hamburger SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs, der großes Interesse zeigte, die "Eagle IV"-Entscheidung zu verzögern. Kahrs war wie Siebert aktives Mitglied im Lobbyzirkel Förderkreis Deutsches Heer und Nutznießer mehrerer vierstelliger Spenden der deutschen Panzerbauer an seinen SPD-Bezirk Hamburg-Mitte. Ihm gelang es, den Zeitplan der Bundeswehr durcheinanderzubringen. Am 22. Mai lag der Beschaffungsantrag dem Haushaltsausschuss vor. Erst vier Wochen später schaffte er es auf die Tagesordnung - bis zum Beginn der Sitzung. Dann wurde die "Eagle IV"-Beschaffung überraschend wieder abgesetzt."

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-68073957.html

Riskieren Sie strategische Nachteile für deutsche Soldaten um Profite der Rüstungsindustrie zu sichern?

Viele Grüße,

Thomas Schüller

Portrait von Johannes Kahrs
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüler,

danke für Ihre Fragen. Alle Spenden die der Kreisverband SPD Hamburg-Mitte erhalten hat, waren nach dem Parteiengesetz selbstverständlich ordnungsgemäß verbucht und ausgewiesen. Der dargestellte Zusammenhang zwischen Spenden und meiner Zuständigkeit im Haushaltsausschuss für den Verteidigungshaushalt ist nachweislich falsch. Erstens gibt es keine zeitlichen Überschneidungen. Zum Zeitpunkt der Wahl war ich nämlich nicht zuständig für den Haushalt des Bundesministeriums der Verteidigung, sondern für den des Bundestages. Außerdem war es weder für mich selbst noch für irgendjemand anders überhaupt abzusehen, dass ich in dieser Wahlperiode für den Verteidigungshaushalt zuständig sein würde. Als ich die Berichterstattung für den Verteidigungshaushalt bekam, habe ich zudem veranlasst, dass die Annahme von Spenden für die SPD in Hamburg-Mitte diesbezüglich überprüft und geändert wurde, um dem Verdacht von Interessenskonflikten vorzubeugen.

Zweitens, wenn jemand für Spenden eine Gegenleistung erwarten würde, müsste ich ihn enttäuschen. Denn ein solches Verhalten würde nicht meiner Auffassung von sinnvoller Arbeit als Berichterstatter für den Verteidigungshaushalt im Haushaltsausschuss entsprechen. Wenn Sie sich die Mühe machen würden, sich nicht nur Einzelfälle, die vermeintlich in ein bestimmtes Bild passen, anzuschauen, sondern meine Entscheidungen von damals bis heute im Gesamtzusammenhang betrachten, könnten Sie dies auch nachvollziehen.

Am von Ihnen benannten Beispiel des Projektes EAGLE IV möchte ich einen solchen Zusammenhang kurz erläutern: Im Zuge der Veräußerungen von Liegenschaften des Bundes wurde dem Haushaltsausschuss im März 2008 die Vorlage zur Veräußerung der Liegenschaft Bayern-Kaserne in München vorgelegt. Diese Vorlage wurde am 12.03.2008 in der Sitzung des Haushaltssausschusses auf Intention der Berichterstatter der Union für den Einzelplans 14 (Verteidigung) von der Tagesordnung abgesetzt. Der Hintergrund dieser Absetzung war regionalpolitischer Art (anstehender Landtagswahlkampf in Bayern).

Im weiteren Verlauf thematisierten die Berichterstatter der Union für den Epl. 14 ihre Bedenken wegen des angeblich zu geringen Veräußerungswertes der Immobilie und verhinderten eine erneute Befassung des Haushaltsauschusses bis zum 25. Juni 2008. In dieser Sitzung wurde die Vorlage zur Beschaffung von Fahrzeugen des Typs EAGLE IV in die parlamentarische Befassung eingebracht. Um Druck auf die Vertreter der Union im Haushaltsausschuss auszuüben, der Vorlage zur Veräußerung der Bayern-Kaserne zuzustimmen, wurde von den Haushältern der SPD die Vorlage zur Beschaffung der Fahrzeuge vom Typ EAGLE IV gegen die Vorlage zur Veräußerung der Bayern-Kaserne gestellt. Vorher hatten sich die Haushälter der SPD natürlich bei Vertretern des Verteidigungsministeriums rückversichert, dass mit diesem Prozedere keine Gefahr für das Projekt und damit für die pünktliche Auslieferung der Fahrzeuge an die Truppe in Afghanistan entstehen Würde.

Da sich beide Seiten bis zur Sitzung am 25.06.2008 nicht einigen konnten, wurden beide Punkte von der Tagesordnung genommen. Im weiteren Verlauf wurde von verschiedenen Seiten immer wieder versucht, Druck auf die Haushälter der SPD auszuüben. Nach entsprechenden Presseartikeln und Briefen aus der Bevölkerung, die fälschlicher Weise unterstellten, dass die Vertreter der SPD im Haushaltsausschuss den Soldaten in Afghanistan in den Rücken fallen würden, wurde versucht diesem irrtümlichen Eindruck entgegenzuwirken, indem man die sofortige Beschaffung von 25 Fahrzeugen aus Mitteln des Einzelplans 14 unter der Titelgruppe "Einsatzbedingter Sofortbedarf", ohne Befassung im Haushaltsausschuss, vorschlug. Diesem Vorschlag folgte das BMVg, die Fahrzeuge wurden pünktlich ausgeliefert.

Im Zeitraum Juli - November 2008 konnte in zähen Verhandlungen eine Bereitschaft der Unionsvertreter im Haushaltsausschuss der Veräußerung der Bayern-Kaserne in München zuzustimmen, erzielt werden. Auf diese Zusage hin, wurde am 05. November 2008 die Vorlage zur Beschaffung des EAGLE IV wieder auf die Tagesordnung des Haushaltsausschusses gesetzt und in der Sitzung mit den Stimmen von SPD, Union, FDP und Grünen verabschiedet. Einen Monat später am 17. Dezember wurde dann die Vorlage zur Veräußerung der Bayern-Kaserne auf die Tagesordnung gesetzt, im Ausschuss beraten und verabschiedet.

Mir ist klar, dass solche komplizierten Vorgänge, die (leider) zum täglichen Geschäft eines Abgeordneten gehören, nicht immer auf den ersten Blick durchsichtig erscheinen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich als Oberst der Reserve, der der Bundeswehr seit Jahren angehört und verbunden ist, niemals ein Beschaffungsvorhaben derart verzögern würde, dass das zu beschaffende Material der Truppe im Einsatz nicht zeitgerecht zur Verfügung stehen würde.

Mit freundlichen Grüßen,
Johannes Kahrs