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Frage von Karl-Heinz B. •

Frage an Johannes Kahrs von Karl-Heinz B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Kahrs,

aktuell mahnen Anwälte mehr als 10.000 Telekomnutzer ab, wegen angeblicher Uhrheberrechtsverletzungen in der rechtlichen Grauzone dem sog. Streaming. Weitere Abmahnungen der anderen Internetanbieter und anderer Websitebesucher folgen, kündigte die Kanzlei an ( http://www.t-online.de/computer/internet/id_67029550/redtube-abmahnung-fuer-porno-streaming-war-der-anfang-naechste-welle-folgt.html ). Wobei die Datengewinnung auch nicht legal gewesen zu sein scheint.

Ist es nicht an der Zeit ein eindeutiges Gesetz zu diesem Thema zu beschließen, anstatt zehntausende Bürger und Internetnutzer zu verunsichern und hohe Anwalts- und Gerichtskosten auszulösen? Es muss für den Nutzer klar verständlich sein, was legal ist und was nicht. Ansonsten könnte jeder zweite Youtube oder Myvideo-User abgemahnt werden.

Viele Grüße und Frohe Feiertage
Karl-Heinz Brauer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Brauer,

Vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben mit allem was Sie sagen vollkommen recht. Hier sollte zügig etwas geschehen. Im Abschlussbericht der Enquete Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ haben die Sozialdemokraten bereits in der letzten Legislatur dazu aufgefordert Rechtsklarheit beim Streaming herzustellen. Dazu heißt es in dem Minderheitsvotum der SPD:

„Die Anpassung des Urheberrechts,etwa durch Ausweitung von Schranken und Inhaltsbindungen, muss das Entstehen neuer Nutzungsformen ebenso berücksichtigen, wie die zunehmenden Probleme bei der Durchsetzung des Urheberrechts. Nicht als Lösung des Problems der Rechtsdurchsetzung, aber als Lösung für Teilbereiche beziehungsweise als Ergänzung sollte eine Klarstellung derzeitig rechtlich unsicherer Nutzungsformen (wie beispielsweise Streaming-Angebote) oder aber einer Legalisierung bestimmter neuer und zwischenzeitlich weitverbreiteter Nutzungsformen (wie beispielsweise Mash-ups und Remixe) diskussionsfähig sein, zumal es im Gegensatz zur derzeitigen Situation eine Erosion der sozialen Regeln in diesem Bereich verhindert. Die Wertschätzung des Immaterialgüterrechts wird nicht dadurch beschädigt, dass bestimmte Nutzungsformen legalisiert werden. Diese Beschädigung ist vielmehr das Ergebnis eines tolerierten Dunkelfeldes an Rechtsverletzungen im Netz.“

Das zweite Problem besteht in der Art und Weise, wie seit einigen Jahren durch rein depressive Maßnahmen versucht wird, Rechtsansprüche durchzusetzen. Selbstverständlich entsprechen „Abmahnungen bei Urheberrechtsverstößen den geltenden Rechtsvorschriften. Ihre rechtliche Grundlage wird jedoch oftmals von den Betroffenen als unverständlich oder ungerecht empfunden. Nötig sind daher mehr Transparenz, um die Akzeptanz der Rechtsverfolgung zu fördern, und gleichzeitig Regelungen, um einen möglichen Missbrauch dieses zivilrechtlichen Instruments zu erschweren. Jedenfalls sollte der Gesetzgeber es vermeiden, Anreize zu setzen, die anstatt einer Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle zu einer Refinanzierung aufgrund von Abmahnungen führen können.“

In beiden Bereichen, der Rechtsklarheit und der verhältnismäßigen Rechtsdurchsetzung, muss nach Jahren des Stillstands das Urheberrecht endlich an die digitale Realität angepasst werden. Ich bin aus mehreren Gründen zuversichtlich, dass dies der neuen schwarz-roten Regierung gelingt. Erstens wird die Handlungsempfehlung der Enquete Kommission, einen neuen Hauptausschuss mit dem Schwerpunkt Internet und digitale Gesellschaft zu berufen, nun in die Tat umgesetzt. Zweitens hat die SPD die letzten Jahre in der Opposition genutzt, um eine digitale Agenda zu erarbeiten und eine progressive Netzpolitik voranzutreiben. Und drittens haben wir mit Heiko Maas nun einen SPD-Minister in der Regierung, der die Kernkompetenzen Justiz und Verbraucherschutz in seinem Ministerium vereint und somit beste Voraussetzungen für die notwendigen Reformen zur Verfügung hat.

Reformanstrengungen im Urheberrecht haben sich stets als eine langwierige Angelegenheit erwiesen. Für die jetzige neue Abmahnwelle werden die Neureglungen zu spät kommen und Gerichte werden Urteile sprechen müssen. Umso mehr ist die Politik jetzt gefordert schnell zu handeln, um nicht Getriebener in einem Prozess zu werden, den sie selbst maßgeblich mitbestimmen sollte.

Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs