Frage an Johannes Kahrs von Ralf L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Kahrs,
den Wert einer Gesellschaft erkennt man ja bekanntlich daran, wie sie mit den ´Schwachen´ umgeht. Dazu zähle ich auch unsere Tiere.
1. Was werden Sie konkret unternehmen, um Tierversuche grundsätzlich
abzuschaffen bzw. zeitnah zumindest deutlich einzuschränken?
2. Tierversuche, obwohl größtenteils durch Steuergelder finanziert, finden unter strengster Geheimhaltung statt.
Was werden Sie unternehmen, um Transparenz zu schaffen, so dass jeder Bürger (unter Wahrung des Datenschutzes) Einblick in die in Deutschland durchgeführten Tierversuche erhält?
3. Die Zahl der in Tierversuchen verwendeten Tiere nimmt von Jahr zu Jahr dramatisch zu, was unvereinbar ist mit dem Staatsziel Tierschutz und zugleich eine Steuergeldverschwendung darstellt.
Werden Sie - über die auf Bundesebene bestehende unzureichende Förderung hinaus - tierversuchsfreie Methoden fördern und den Ausstieg aus Tierversuchen vorantreiben, beispielsweise durch eine verpflichtende, prioritäre Verwendung von Steuermitteln (u.a. DFG-Mittel) für tierversuchsfreie Projekte, anstatt wie bisher weitgehend für
Tierversuche?
4. Das neue Tierschutzgesetz und die Tierversuchsverordnung bleiben in einigen Bereichen hinter der Intention der EU-Richtlinie zurück, welche u.a. ein Verbot von Versuchen an Menschenaffen und eine Einschränkung von Experimenten an Primaten sowie die Einführung einer Schmerz-Leidens-Obergrenze vorsieht.
Werden Sie sich für eine zeitnahe, erneute Novellierung des Tierschutzgesetzes und der Tierversuchsverordnung einsetzen, um mindestens den Vorgaben der EU gerecht zu werden oder darüber hinaus rechtliche Verbesserungen zu verankern?
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Lange
Sehr geehrter Herr Lange,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Allein 2011 wurden in Deutschland rund 2,9 Millionen Wirbeltiere für Tierversuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendet. Damit ist die Gesamtzahl der Versuchstiere gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent angestiegen. Diese Tiere werden gewohnheitsmäßig in der Forschung eingesetzt, um beispielsweise die Wirkung neu entwickelter Medikamente zu prüfen. Für einige der Versuche scheint es bis auf weiteres noch keine Alternative zu geben, weshalb ein Totalverbot von Tierversuchen nach Abwägung der Güter Tierschutz und Gesundheit bis auf weiteres nicht zu realisieren ist.
Es gibt teilweise jedoch wissenschaftlich geprüfte Alternativmethoden, um wissenschaftliche Fragen zu klären oder die Gefährlichkeit von Stoffen für den Menschen zu bewerten. In der Praxis hat sich vor allem das sogenannte „3-R-Konzept“ (Replacement, Reduction, Refinement; zu Deutsch: Vermeiden, Verringern, Verbessern) etabliert. Darunter werden grundsätzlich alle Maßnahmen verstanden, die geeignet sind, Versuchstierleiden zu vermeiden oder wenigstens zu vermindern bzw. die Tiere durch verbesserte Tierhaltung und -behandlung usw. zu entlasten. In diesem Zusammenhang sei die Forschungsarbeit der "Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch" (ZEBET) positiv genannt.
Die Anzahl der Tierversuche will die SPD so weit wie möglich verringern und uns für die Verbreitung der 3-R-Methoden in der Forschung einsetzen. Das bedeutet, dass wir alternative Forschungsmethoden fördern wollen, die ohne oder mit weniger Tieren auskommen bzw. weniger schmerzhafte Verfahren beinhalten. Die Vergabe von Fördergeldern obliegt hier der DFG, die zuerst der Wissenschaft verpflichtet ist. Die Vergabe von Forschungsgeldern nach politischen Gesichtspunkten ist dabei kritisch und würde die vom Grundgesetz garantierte Freiheit von Wissenschaft und Forschung verletzen. Versuche an Menschenaffen will die SPD verbieten.
Die Novelle des Tierschutzgesetzes im Jahre 2012 hätte die Möglichkeit geboten, das Staatsziel Tierschutz mit Leben zu füllen. Leider hat die schwarz-gelbe Regierung diese Chance verpasst und alle diesbezüglichen Gesetzanträge der SPD im Bundestag abgeschmettert.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Kahrs