Frage an Johannes Kahrs von Andreas R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Betr.: Christenverfolgung
Sehr geehrter Herr Kahrs,
Christen sind die weltweit am stärksten der Verfolgung ausgesetzte Religionsgemeinschaft. Das Kernland der Bibel, das Heilige Land im Nahen Osten, wird aufgrund massiver Repressalien geradezu von Christen entvölkert. Die ausgesprochen bedrängte Situation der koptischen Christen in Ägypten ist aus der Presse bekannt. Als Folge der Verfolgung insbesondere von der muslimischen Seite fliehen zunehmend Christen aus Ländern wie Ägypten, dem Irak oder Iran. Der sog. „Arabische Frühling“, der in mehreren Ländern (Tunesien, Marokko, Ägypten usw. ) durch demokratische Wahlen radikale Islamisten wie die Muslimbruderschaft an die Regierung bringen wird oder schon gebracht hat, wird – trotz anderslautender verbaler Bekenntnisse – die Verfolgung Andersgläubiger, und damit die Christenverfolgung, in diesen Ländern voraussehbar noch erheblich weiter verschärfen.
Im Iran ist über Pastor Youcef Nadarkhani nur deshalb das Todesurteil ausgesprochen worden, weil er vom islamischen Glauben abgefallen ist. Sein Fall hat inzwischen öffentliche Aufmerksamkeit erlangt. Sein Schicksal ist allerdings kein Einzelfall.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich wissen lassen würden, welche konkreten Maßnahmen Ihre Partei und Sie ganz persönlich unternehmen, um der sich ausbreitenden Christenverfolgung weltweit, insbesondere auch in muslimischen Ländern wirksam entgegen zu treten.
Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich mit diesem Thema und meinem Anliegen zu beschäftigen.
Mit freundlichem Gruß
Andreas Rieger
Sehr geehrter Herr Rieger,
vielen Dank für Ihre Frage.
Als Abgeordneter des Bundestages sind meine Möglichkeiten, in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einzugreifen, sehr begrenzt. Auch die Bundesregierung – in diesem Fall das Auswärtige Amt – kann meist nur indirekten, mittelbaren Einfluss auf die Rechtsprechung eines anderen Staates ausüben. Die Möglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland, in einen innerstaatlichen Konflikt einzugreifen, beschränken sich in der Regel auf Vermittlung und Verhandlungsarbeit hinter den Kulissen. Zusätzlich kann die Bundesrepublik sowohl durch die zahlreichen im Ausland aktiven Stiftungen, etwa die Friedrich-Ebert-Stiftung oder das Goethe-Institut, als auch über den Weg der Entwicklungszusammenarbeit Angebote zur politischen Bildung und zum Aufbau der einheimischen Zivilgesellschaft machen.
Das Auswärtige Amt ist im Falle von Pastor Nadarkhani engagiert und, da bin ich sicher, tut alles im Rahmen seiner Möglichkeiten, die Vollstreckung des Todesurteiles abzuwenden. Das Ergebnis dieser Bemühungen bleibt abzuwarten. Auch wenn im Iran Gesetze gelten, die wir nicht akzeptieren können, weil sie mit den grundlegenden Menschen-und Bürgerrechten nicht übereinstimmen, handelt es sich dennoch um einen souveränen Staat. Dasselbe gilt für die von Ihnen angesprochenen arabischen Länder, wobei die Entwicklungen bisher immerhin noch keinen Anlass zu der Befürchtung geben, es könnten sich so streng theokratische Regime wie das iranische herausbilden. Im Zweifelsfall wird auch weiterhin gelten, daß religiös Verfolgte in Deutschland um Asyl ersuchen können.
Mit freundlichen Grüßen,
Johannes Kahrs