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Frage von Wilfried B. •

Frage an Johannes Kahrs von Wilfried B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Lieber Johannes Kahrs,

ich hätte gerne von Dir und der Fraktion die Einschätzung zur deutschen Nato-und Europapolitik, hinsichtlich einer militärischen Unterstützung des aufständischen libyschen Volkes gewusst.
Ist es nicht Fakt,dass wir eine besondere Verantwortung tragen,da mit deutsche Hilfe und Wirtschaft Gaddafis Aktivisten ausgebildet und militärisch aufgerüstet wurden?

Grüße nach Berlin

Wilfried Bresk

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Bresk,

bei der Diskussion um das unverständliche Verhalten der deutschen Regierung bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat habe ich mich immer wieder an die Debatte in Deutschland im Vorfeld des dritten Golfkriegs erinnert. Damals wollte eine gewisse Frau Angela Merkel mit wehenden Fahnen an der Seite der USA und Großbritanniens in den Irak einmarschieren. Heute entscheidet sich die deutsche Kanzlerin im UN-Sicherheitsrat bei der Verurteilung des Regimes in Libyen für eine Position, die niemand außer ihr und ihrem Außenminister versteht.

Das wäre schon schlimm genug, wenn es nur um die Haltung Deutschlands gegenüber einem Unrechtsregime in Nordafrika ginge. In diesem konkreten Fall steht jedoch mehr auf dem Spiel: Deutschlands Ruf in der Welt, unsere Verlässlichkeit in der NATO und in der EU und unsere Reputation in der arabischen Welt werden von der schwarz-gelben Regierung für einen nicht wahrnehmbaren Vorteil bei Landtagswahlen aufs Spiel gesetzt.

Um meine Haltung zu der derzeitigen Situation in Libyen zu erklären, lassen Sie mich noch einmal auf den Fall Irak-Krieg zurückkommen. Ich bin nämlich der Meinung, dass eine heutige Unterstützung der Aufständischen in Libyen genauso richtig wäre, wie es damals richtig war, sich nicht am Irak-Krieg zu beteiligen. Im Falle Libyens geht ein despotischer Machthaber gegen große Teile seiner Bevölkerung mit militärischer Gewalt vor. Diesem Engagement liegt also eindeutig ein Bruch von Völkerrecht zu Grunde. Im Falle des Irak-Kriegs erinnern sich die meisten von uns noch an die kuriose Powerpoint-Präsentation von Colin Powell im Sicherheitsrat, die heute noch niemandem peinlicher ist als ihm selbst. Die berühmten Massenvernichtungswaffen, auf die auch Frau Merkel damals ihre unkritische Unterstützung der amerikanischen Position abstützte, gab es nicht.

Parteiübergreifend bestand immer ein außenpolitischer Konsens in Deutschland, dass regionale Sicherheitssysteme gestärkt und ernst genommen werden müssen. Im Falle Libyens hat sich nun die arabische Liga erstmals eindeutig für ein Engagement gegen Gaddafi ausgesprochen und einige Staaten nehmen mit eigenen Flugzeugen an der Überwachung des libyschen Luftraums teil. Was für ein Signal sendet die Enthaltung Deutschlands an die Mitglieder der Arabischen Liga? Eine Unterstützung, ein Ernstnehmen sieht anders aus.

Ein weiterer parteiübergreifender Konsens war immer, dass internationale Einsätze nur mit einem Mandat der UN stattfinden dürfen. Übersetzt man die Enthaltung der Vetomächte China und Russland in das, was sie in Wirklichkeit waren – eine Zustimmung – liegt hier eindeutig ein Mandat vor. Und Deutschland duckt sich weg.

Bei einem weiteren Punkt meiner Kritik an der Haltung von Merkel und Westerwelle möchte ich Ruprecht Polenz (CDU) zitieren. In der ZEIT vom 31. März 2011 erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschuss: „Eine enge Zusammenarbeit mit Frankreich gehört zu den Prinzipien unserer Außenpolitik, ebenso die Einbettung in eine gemeinsame Außenpolitik der EU. Wir sind Mitglied der NATO mit Rechten und Pflichten. Wir müssen darum nicht bei jedem Einsatz an vorderster Front dabei sein. Man kann seinen Beitrag auch an anderer Stelle bringen. Aber wir sollten schon darauf achten, dass wir nicht wie jene Länder wahrgenommen werden, mit denen wir jetzt gemeinsam gestimmt haben – Russland, China, Indien.“ Das was Herr Polenz hier diplomatisch zurückhaltend zum Ausdruck bringt ist die fraktionsübergreifend vorhandene Sorge um unser Ansehen in den Bündnissen. Direkt und unumwunden ausgedrückt: Merkel und Westerwelle haben Deutschland bis auf die Knochen blamiert.

Mit freundlichen Grüßen,

Johannes Kahrs