Frage an Johannes Kahrs von Sebastian K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Kahrs,
Als erster meiner Familie besuche ich eine Universität und beziehe Aufgrund des recht geringen Einkommens meiner Eltern seit Studienbeginn BAföG. Trotz der angespannten finanziellen Situation meiner Eltern erhalte ich nur 180 € BAföG und bin daher darauf angewiesen neben dem Studium einen 400-Euro-Job auszuüben, der zwei Tage in der Woche in Anspruch nimmt. Dies hat zur Folge, dass ich Vorlesungen und Seminare verpasse, die zum erfolgreichen Abschluss meines Studiums in der Regelstudienzeit erforderlich wären. Allem Anschein nach werde ich meine Regelstudienzeit überschreiten müssen und bin dann nicht mehr förderungsberechtigt und werde so einen weiteren Tag in der Woche arbeiten müssen um mich finanziell über Wasser zu halten.
Neben meiner Förderung müssen meine Eltern auch meine beiden Geschwister, die momentan ihre Ausbildungen absolvieren und Aufgrund ihres Berufes in andere Städte ziehen mussten, finanziell zu unterstützen. Meinen beiden Geschwistern wurde kein Anspruch auf BAföG gewährt. Ein Grund hierfür wird meine Förderung durch das BAföG darstellen.
Ich lese immer wieder, dass Deutschland wichtigster Rohstoff die Bildung ist. Wie denken Sie darüber, dass immer noch das Portemonnaie der Eltern über Studium und Bildung der Kinder entscheidet?
Sehr geehrter Herr Köhler,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen Antrag im Deutschen Bundestag eingebracht, der sich mit dem Thema des BAföGs befasst. Wir fordern eine Reform des BAföGs, um einen solchen Fall, wie Sie ihn beschreiben, auszuschließen und Kindern aus einkommensschwachen Familien besser zu fördern.
Die FDP bezeichnete das BAföG in der vergangenen Legislaturperiode noch als „angestaubten“ und „unzeitgemäßen alten Karren“. Die Bundesregierung hat angekündigt, sich kostenintensiven Maßnahmen etwa zur Subventionierung privater Bildungsmärkte oder zur Steigerung der Stipendiatenquote zu widmen. Das ist der falsche Weg in der Bildungspolitik. Der Bund muss die gute Arbeit der Begabtenförderwerke weiter unterstützen.
Doch die angekündigten Pläne der Regierungskoalition für ein von den Begabtenförderwerken abgetrenntes Stipendiensystem führen letztlich zu einer Ausleselotterie, in der je nach Studienfach, Region und Wirtschaftsnähe entschieden wird. Das lehnen wir ab. Diese Maßnahmen gehen am Problem der mangelnden Chancengleichheit vorbei und vergrößern die regionalen, fachlichen und sozialen Ungleichheiten im Bildungszugang und Bildungserfolg.
In der vergangenen Legislaturperiode konnte die Große Koalition auf Initiative der SPD das BAföG erfolgreich weiterentwickeln und eine Umwandlung in ein Volldarlehensystem verhindern. Die notwendige Anpassung der Bedarfssätze um 10 Prozent und der Freibeträge um 8 Prozent wurde erfolgreich umgesetzt und die Förderung durch mehrere Maßnahmen sinnvoll erweitert.
Es ist aber weiterhin notwendig, die Einkommensfreibeträge und die Kinderfreibeträge deutlich um mindestens 10 Prozent zu erhöhen, sowie Freibeträge für alle Geschwisterkinder, also auch denen in förderungsfähiger Ausbildung, gelten zu lassen. Weiterhin müssen die Bedarfssätze sowie die Kinderzuschläge um 3 Prozent angehoben werden. Diese Forderungen sollen eine ausreichende Unterstützung gewährleisten und so jedem eine erfolgreiche Ausbildung ermöglichen.
Die Beschränkung der Förderungsdauer auf die Regelstudienzeit wird den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht und muss daher ausgeweitet werden. Daher fordern wir die Förderhöchstdauer auf bis zu zwei Semester über der Regelstudienzeit zu erhöhen sowie die Möglichkeit, bei Überschreitung der Förderhöchstdauer bis zu zwei Semester ein unverzinsliches Darlehen zu gewähren, um einen erfolgreichen Studienabschluss zu gewährleisten, ohne finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen.
Mit freundlichen Grüßen,
Johannes Kahrs