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Frage von Peter B. •

Frage an Johannes Kahrs von Peter B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Lieber Herr Kahrs,

in Hamburg tobt der Streit über die Schulreform. Jeder scheint auf einmal Bildungsexperte zu sein. Wie ist die Haltung der SPD zu den Plänen des schwarz-grünen Senates?

Wann kehrt endlich Ruhe ein und was ist Ihr Rezept zur Lösung des Schulchaos ?

Mit freundlichem Gruß,

P. Borchardt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Borchardt,

ich verstehe Ihre Sorgen. Vorab: als Bundespolitiker habe ich auf die Hamburger Bildungspolitik keinen direkten Einfluß, da Bildung und Erziehung nun einmal in der gesetzgeberischen Kompetenz der Bundesländer liegen. Auch bin ich kein ausgewiesener Bildungsexperte und glaube, daß in dieser Debatte schon viel zu viele Leute, die sich für ebensolche halten, lautstark ihre Stimme erhoben haben.

Mit den Grundideen der geplanten schwarz-grünen Schulreform ist die SPD einverstanden. Auch wir haben schon lange längeres gemeinsames Lernen befürwortet. Es gibt mithin keine mir bekannte wissenschaftliche Arbeit, die z.B. das dreigliedrige Schulsystem ausdrücklich empfiehlt, aber schon seit geraumer Zeit haben Erziehungswissenschaftler immer wieder dessen gravierende Mängel aufgezeigt. Die skandinavischen Länder machen uns vor, wie ein Bildungssystem gestaltet sein sollte, um Kinder und Jugendliche am besten zu fördern und ihnen die Chance zu geben, ihre Begabungen sinnvoll zu entfalten. Dazu gehört auch längeres gemeinsames Lernen, was ja auch zum Kernstück der Hamburger Reform gehört.

Eine Anfrage der SPD-Bürgerschaftsfraktion an den Senat hat auch in Hamburg eklatante soziale Ungerechtigkeiten aufgedeckt. So erhielten im Schuljahr 2007/2008 44 Prozent der Viertklässler eine Empfehlung für das Gymnasium. Dabei haben Kinder aus wohlhabenden Vierteln dreimal häufiger eine Gymnasialempfehlung erhalten als solche aus weniger gutsituierten Vierteln. Während in Horn und Billstedt die Rate bei nur 23,1 bzw. 23,6 Prozent liegt, also weit unter dem Landesdurchschnitt, ist sie in Othmarschen mit 70,7 sehr hoch. Solche offenkundigen, gravierenden sozialen Unterschiede gibt es in Ländern wie Schweden einfach nicht - dort bestimmt die soziale Herkunft eines Kindes in weitaus geringerem Maße den späteren Lebensweg. In Hamburg-Horn scheint für über drei Viertel aller Kinder schon vorherbestimmt, daß sie nie die Chance erhalten, Abitur zu machen und eine Universität zu besuchen, während das in Othmarschen offenbar den Normalfall darstellt. Solche extremen Diskrepanzen sind aus Sicht der SPD Zeichen starker sozialer Ungleichheiten und können nicht akzeptiert werden. Das hat sogar ein Teil der hamburgischen CDU schon begriffen.

Die Hamburger SPD wirbt für ein Schulsystem, in dem die Kinder und Jugendlichen miteinander und voneinander lernen. Wir fordern eine Schulstrukturreform für unsere Stadt, die für Kinder und Eltern transparent, nachvollziehbar und einleuchtend ist.

Dennoch ist die Umsetzung der Reform in Hamburg alles andere als gelungen, das zeigen die mittlerweile fast völlig verhärteten Fronten von Reformbefürwortern und -gegnern. Dabei tragen beide Seiten die Verantwortung. Letzten Endes liegt es aber am Senat und der schwarz-grünen Regierungskoalition in der Bürgerschaft, den Eltern, Lehrern und Schülern die Reform vernünftig und transparent zu vermitteln. Das ist von Anfang an nicht gelungen. Der schwarz-grüne Senat agiert konfus, insbesondere die CDU, allen voran Bürgermeister von Beust, scheint völlig überfordert. Es ist erfreulich, daß der Senat auf das Angebot von Olaf Scholz, parteiübergreifend einen Konsens zu finden, eingegangen ist.

Wir als Hamburger SPD wollen dieses Chaos konstruktiv beseitigen und versuchen, zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Es kann ja nicht im Interesse der Schülerinnen und Schüler sein, wenn der bestehende "Schulkrieg" noch länger andauert. Olaf Scholz hat als Hamburger SPD-Chef dem Senat die Hand gereicht zu vernünftiger und sinnvoller Zusammenarbeit zum Wohle der Schulen, der Unternehmer Michael Otto vermittelt im Streit. Ich kann nur hoffen, daß eine Lösung gefunden wird, die den Schülerinnen und Schülern am besten gerecht wird.

Mit freundlichem Gruß,

Johannes Kahrs