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Frage von Matthias L. •

Frage an Johannes Kahrs von Matthias L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Herr Kahrs,

mir geht es um die chronischen Engpässe bei Blutspenden . Gerne zeige ich die Bereitschaft Blut zu spenden. Ich bin beim Spenden ausgeschlossen, wegen meiner Sexuelle Orientierung. Es mag sein, das Personen (Männer u n d Frauen) die häufig Partnerwechsel haben, eine Risikogruppe darstellen. Der Blutspendedienst argumentiert das die Bundesärztekammer homosexuelle Männer einfach ausschließt. Es ist nicht richtig, einfach Menschen die einen gleichgeschlechtlichen Partner lieben oder lediglich sexuell anders orientiert sind, einfach ausgeschlossen werden. Der Blutspendedienst kann durchaus die 1. Probe als Plasmapräparat tief frieren. Daher besteht eine Kontrollmöglichkeit. Wie ich erfahren habe, wird derzeit an einer Überholung der Dauerhaften Ausschluss-Kriterien von Blutspender gearbeitet. Lieber Herr Kahrs, können Sie hier Einfluss nehmen und für eine Veränderung der Situation zu sorgen?

Herzliche Grüße
Matthias Latteyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Latteyer,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Eine sinngemäß gleiche Frage wurde mir bereits vor einigen Monaten auf kandidatenwatch.de gestellt. Ich hoffe, Sie sehen es mir nach, wenn ich meine damalige Antwort hier noch einmal -etwas ergänzt um die Antwort auf den letzten Abschnitt Ihrer Frage- einstelle. An meiner Meinung hat sich bisher nichts geändert.

In der Tat ist das von Ihnen beschriebene Problem nicht neu. Die vom Paul-Ehrlich-Institut ausgearbeiteten Regeln zur Blutspende besagen eindeutig, daß Blut von Spendern, die zu Gruppen mit erhöhtem Risiko gehören, nicht verwendet werden darf.

Dabei sind homo- und bisexuelle Männer nur eine unter mehreren Risikogruppen. Es gehören dazu beispielsweise auch Menschen, die sich in einem bestimmten Zeitraum vor der Spende in gewissen tropischen Ländern aufgehalten oder sich einer bestimmten Medikation unterzogen haben. Ziel ist immer, daß Risiko, daß gespendetes Blutplasma mit Erregern (nicht nur HIV, sondern z.B. auch Malaria oder Tuberkulose) infiziert oder mit sonstigen riskanten Stoffen (etwa den Abbauprodukten von starken Medikamenten, wie sie in der Therapie von Krebs eingesetzt werden) versetzt ist, zu minimieren. Es sind also keineswegs nur Schwule und Bisexuelle, sondern z.B. auch Bürger der meisten afrikanischen, südamerikanischen und karibischen Staaten, deren Blut nicht zur Weiterverwendung freigegeben ist.

Leider sind die Zahlen zu HIV-Infektionen immer noch recht eindeutig: homosexuelle Männer bilden bei den HIV-Neuinfizierten immer noch die größte Gruppe. Ob es deshalb richtig ist, sie pauschal als Spender auszuschließen, möchte ich hier nicht beurteilen - ich bin auf medizinischem Gebiet kein Experte und vertraue darauf, daß die, die die Regeln ausarbeiten, das nach bestem Wissen und Gewissen tun und dabei nichts als die Risikominimierung als Maßstab anlegen.

Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, daß diese Regeln mit dem Ziel, Schwule und Bisexuelle moralisch zu diskriminieren, gemacht wurden: Es geht hier nicht um die sexuelle Identität als solche, sondern um die damit leider korrelierenden erhöhten Risiken bei bestimmten Infektionen.

Jeder Spender muß vor der Blutspende eine Selbstauskunft erteilen. Selbstverständlich ist es dabei möglich, Angaben zu verschweigen. Letzten Endes muß man also auf die Ehrlichkeit und das Gewissen jedes Spenders vertrauen. Vor Abgabe einer Spende sollten sich natürlich auch promiskuitive Heterosexuelle fragen, ob sie als Spender in Frage kommen. Jeder verantwortungsbewußte Mensch, der - aus welchen Gründen auch immer - zu einer Risikogruppe gehören könnte, sollte ohnehin - nicht nur zum Zwecke der Blutspende - sein persönliches Risiko minimieren.

Was die von Ihnen erwähnte Überarbeitung der Richtlinien angeht: ich bin absolut kein Experte für medizinische Fragen und denke, dass sich die Richtlinien ausschließlich an diesen orientieren sollten und nicht daran, was eventuell politisch erwünscht bzw. "politisch korrekt" wäre. Ich bin überzeugt, dass die entsprechenden Fachleute unvoreingenommen und unter Bezugnahme der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgehen werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Johannes Kahrs