Frage an Johannes Kahrs von Klaus-Peter S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Kahrs,
es ist Wahlk(r)ampf, aber die Politiker stehen offenbar beim Wähler auf verlorenem Posten
(bei mir auf jeden Fall), denn immer weniger Bundesbürger glauben den Wahlversprechen der Parteien. Wir sind in der Vergangenheit zu oft belogen und betrogen worden!
Gut zwei Drittel sind laut einer Studie der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen überzeugt "belogen zu werden" ( Quelle: BILD,4.September 2009).
Die Parteien haben ihre Werbeetats für den aktuellen Bundestagswahlkampf einem Pressebericht zufolge im Vergleich zu 2005 um rund 4Millionen Euro auf 62 Millionen Euro aufgestockt.Glauben Sie wirklich,dass man mit mehr Plakaten,Werbebroschüren ,Kugelschreibern und Luftballons die verlorene Glaubwürdigkeit beim Bürger kurz vor der Wahl zurückerobern kann?
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg
Sehr geehrter Herr Steinberg,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wenn Sie sich meine Antworten hier auf Abgeordnetenwatch durchlesen, dann können Sie erkennen, dass ich mich seit Jahren nach Kräften um die unterschiedlichsten Probleme und Fragen von Bürgerinnen und Bürgern kümmere. Und Abgeordnetenwatch bildet natürlich nur einen kleinen Teil dessen ab, womit ich mich im Dienste meines Wahlkreises beschäftige – und zwar keineswegs nur im Wahlkampf. Ich biete nicht nur die allgemein üblichen Bürgersprechstunden an, sondern seit Jahren auch den Politischen Frühschoppen, bei dem einmal im Monat jeder interessierte Bürger mit mir diskutieren und sich über aktuelle bundespolitische Themen informieren kann. In dieser Woche findet außerdem die 500. Tagesfahrt nach Berlin statt. Seit meinem ersten Mandat im Jahre 1998 haben nun 23.500 Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit genutzt, mit mir zusammen Berlin und den Bundestag zu besuchen und bei dieser Gelegenheit auch wieder Fragen zu stellen und zu diskutieren. Sie können sich selbst gerne ein Bild machen und am Politischen Frühschoppen oder an einer solchen Fahrt teilnehmen, wenn Sie möchten.
In meinem Wahlkreis Hamburg-Mitte stehe ich ständig – wie gesagt, keineswegs nur im Wahlkampf! – in direktem Kontakt mit Betriebsräten, Vereinen, Verbänden, Kirchen, Moscheen, Unternehmen, sozialen Projekten, Bürgerinitiativen und Einzelpersonen. Dabei kann ich nicht nur deren Situation, deren Probleme und Schwierigkeiten besser verstehen, ich ergreife auch die Gelegenheit, den politischen Prozess besser verständlich zu machen. Schreiben wie das Ihre und die erwähnte Studie zeigen ja, dass manchem manches in der Politik nicht nachvollziehbar ist. Ein oft vorgebrachtes Beispiel ist die Diskrepanz zwischen Wahlprogrammen und der dann durchgesetzten Politik.
Was manchmal nicht bedacht wird, ist, dass in der Regel keine Partei allein, sondern eine Koalition regiert. Beide Parteien haben jeweils ihren Wählern versprochen, sich für die Durchsetzung bestimmter Ziele einzusetzen. Resultat sind dann Kompromisse – das ist in der Politik genauso wie im normalen Leben. Ein Beispiel ist die Gesundheitsreform. Die SPD hatte vor der Wahl 2005 für eine solidarische Bürgerversicherung gekämpft, bei der jedermann, auch Beamte und Selbstständige, einen Beitrag gemäß Ihres Einkommens leisten sollten. Die CDU/CSU wollte dagegen die Kopfpauschale, die alle in gleicher Höhe, unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, zu entrichten hatten. In der Großen Koalition kam es dann zu einer Reform, in der keine der beiden Parteien ihre Vorstellungen eins zu eins umsetzen konnte. Die Alternative wäre gewesen, auf den jeweiligen Vorstellungen zu beharren und dadurch gar keine Reform zustande zu bringen oder gar die Koalition platzen zu lassen. Das wäre auch nicht im Sinne der Wähler (weder denen der SPD noch denen der Union) gewesen.
Zu der Tatsache, dass in Koalitionen Kompromisse unumgänglich sind, kommt noch die föderale Struktur der Bundesrepublik. Viele Gesetze werden nicht nur vom Bundestag beschlossen, sondern bedürfen auch der Zustimmung der Länder im Bundesrat. Hier ergibt sich dann wieder die Notwendigkeit zum Kompromiss. Kaum ein Gesetzentwurf wird am Ende wortgleich verabschiedet und umgesetzt. Das liegt nicht an der Wortbrüchigkeit „der Politiker“ (am Rande: ich möchte mich gegen derartige Pauschalisierungen verwahren – sie sind keineswegs konstruktiv), sondern zumeist an den oben erwähnten Strukturen und Sachzwängen. Der Wahlkampf ermöglicht es mir wegen der dann erhöhten Aufmerksamkeit, meine Positionen noch einmal klar und deutlich vor größerem Publikum zu vertreten und zu erklären. Und natürlich bekomme ich in diesen Wochen noch mehr Anfragen, Briefe, E-Mails und Besuche als sonst. Das ist mir auch willkommen. Über meine Aktivitäten und mein Engagement können Sie sich auch auf meiner Website www.kahrs.de selbst ein Bild machen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
Johannes Kahrs