Wie stehen Sie zum übergesetzlichen Notstand?
Sehr geehrter Herr Dr. Fechner, die Meinungen zum sogenannten übergesetzlichen Notstand im Strafrecht gehen weit auseinander. Wie stehen Sie zu diesem Konstrukt?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre rechtspolitisch spannende Frage. Schon mehrfach wurde diskutiert, die Rechtsfigur des sog. übergesetzlichen Notstandes zu normieren. Dies wird schon länger diskutiert: Etwa im Prozess gegen jenen Kommissar, der einem Entführer körperliche Beeinträchtigungen androhte, folgte das dortige Gericht nicht dessen Argumentation, dass seine Drohungen gerechtfertigt wäre aus übergesetzlichem Notstand. Als die Frage diskutiert wurde, ob ein entführtes Flugzeug abgeschossen werden darf, gab es Stimmen, die dies für zulässig hielten mit der Begründung, es liege ein übergesetzlicher Notstand vor. Grundsätzlich meine ich, dass die heutigen Rechtfertigungsgründe und Schuldausschließungsgründe, die wir im Strafgesetzbuch haben, viele Sachverhaltskonstellationen erfassen. Eine gesetzliche Regelung für einen übergesetzlichen Notstand zu finden – eigentlich ja schon ein Widerspruch an sich – hat sich als äußerst kompliziert erwiesen und ist deshalb auch noch nicht erfolgt. Lassen Sie uns gern diese spannende Frage einmal bei einem Kaffee im Detail erörtern, ich freue mich auf Ihren Anruf zur Terminvereinbarung!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Johannes Fechner