Frage an Johannes Fechner von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Herr Fechner,
mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!
Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.
Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.
Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.
Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
B. D.
Sehr geehrte Frau D.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, auch mich hat sehr geärgert, dass die betäubungslose Ferkelkastration in Deutschland immer noch möglich ist. Die Schweinezuchtbetriebe hatten mehrere Jahre Zeit, sich hierauf einzustellen, haben dies aber nicht getan. Das Beste wäre es deshalb gewesen, wir hätten das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration nicht verlängert, dies war aber mit unserem Koalitionspartner bedauerlicherweise nicht zu machen. Wir haben nun einen klaren Fahrplan entwickelt, mit welchen Maßnahmen wir in spätestens zwei Jahren zur betäubungslosen Ferkelkastration gelangen wollen. Hätten wir nun das Verbot in Kraft treten lassen, hätte dies dazu geführt, dass in Deutschland keine Ferkelzucht mehr stattgefunden hätte, sondern diese sich ins europäische Ausland verlagert hätte mit der Folge, dass dort die Ferkel betäubungslos kastriert worden wären und auch ansonsten die dort viel weniger strengen Tierschutzvorgaben gegolten hätten. Dies wäre nicht im Sinne des Tierschutzes gewesen. Wir haben nun einen genauen Weg entwickelt, wie Ferkelzüchter ihre Produktion tierschutzgerecht, das heißt ohne Schmerzen für die Ferkel, einrichten müssen. Wenn die Schweinezuchtbetriebe nicht in dem jetzt vorgegebenen Zeitraum zur betäubungslosen Ferkelkastration kommen, werden wir konsequenterweise das Verbot durchsetzen und dies am besten europaweit. Eine europäische Lösung ist vor allem deshalb nötig, damit ein Verbot in Deutschland nicht dazu führt, dass Schweinemastbetriebe ins Ausland mit weniger strengen Tierschutzregeln ausweichen können.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Fechner