Portrait von Johannes Fechner
Johannes Fechner
SPD
100 %
44 / 44 Fragen beantwortet
Frage von Tanja L. •

Frage an Johannes Fechner von Tanja L. bezüglich Umwelt

Guten Abend, Herr Fechner,

wieso sind Sie eigentlich noch in der SPD? Ihr Abstimmungsverhalten ist komplett übereinstimmend mit dem Profil von Herrn Weiss, CDU. Aktuell zu sehen unter Neuzulassung Glyphosat und Verbot von Fracking aufgehoben.

Es wäre fair, wenn Menschen wie Sie zu Ihrer wahren Gesinnung stehen und nicht den Ruf einer ehemals sozial verantwortungsbewussten und sozial kompetenten Partei noch weiter ruinieren.

Mit freundlichem Gruss, eine ehemalige SPD-Wählerin
Tanja Liedtke

Portrait von Johannes Fechner
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Liedtke,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihre offenen Worte. Ich bin aus vollster Überzeugung in der SPD, weil wir bei vielen sozialpolitischen Themen, wie z.B. dem Mindestlohn, der Rente mit 63, der Mietpreisbremse, mehr Geld für den Wohnungsbau und 3000 neuen Polizisten für die Bundespolizei, wichtige Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger durchsetzen konnten.

Anders als die Union ist sich die SPD einig, dass wir Fracking weitgehend verbieten. Deshalb habe ich nicht, wie Sie vermuten, im Bundestag für diese gefährliche Technologie gestimmt, sondern einem unzureichenden Grünen-Antrag aus den nachfolgenden Gründen meine Zustimmung verweigert:
„Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang.“ Diese Festlegung aus dem Koalitionsvertrag im Kapitel zum Thema Fracking ist für mich Maßstab für das Handeln in der Großen Koalition. Wir wollen ein Gesetz, das die Umweltstandards für die bereits vorhandene Erdgasförderung verschärft. Wir wollen klare Regelungen und Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, für Behörden und für Unternehmen schaffen.

Fracking von Schiefer- und Kohleflözgas ist nicht verantwortbar. Die Risiken für Mensch und Umwelt überwiegen die potentiellen wirtschaftlichen Chancen. Um Wissenslücken zu schließen, halten wir in diesem Bereich allenfalls Erprobungsmaßnahmen in eng begrenztem Rahmen und unter strenger wissenschaftlicher und umweltfachlicher Aufsicht mit dem Zweck für zulässig, die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich zu erforschen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass sich nur gemeinsam mit den Bundesländern Akzeptanz für solche Erprobungsmaßnahmen gewinnen lässt. Deshalb streben wir gemäß des Koalitionsvertrags eine Beteiligung der Länder im Rahmen möglicher Probebohrungen an. Diese Zusammenarbeit ist im Grünen-Antrag nicht in diesem Sinne geregelt.

Selbstverständlich ist für mich, dass beim Umgang mit Fracking am Ende der Deutsche Bundestag die Entscheidung treffen muss. Eine Expertenkommission kann das demokratisch-legitimierte Organ Deutscher Bundestag zwar beraten, aber keinesfalls ersetzen.

Derzeit halten sich die Erdgasfirmen an ein faktisches Moratorium, in der Erwartung eines Gesetzes mit neuen gesetzlichen Regelungen. Das gibt auf Dauer keine Rechtssicherheit und gefährdet Arbeitsplätze in der seit über 50 Jahren in Deutschland praktizierten, herkömmlichen Erdgasförderung.
Ein undifferenziertes Verbot, wie von Grünen und Linken gefordert, konnte sich auch im Bundesrat nicht durchsetzen, obwohl Grüne und auch Linke an zahlreichen Landesregierungen beteiligt sind. Auch in den Ländern, in denen sie Verantwortung tragen wurde bislang nirgends ein generelles Förderverbot für bereits vorhandene Fördermethoden ausgesprochen.

Die Große Koalition hat auf Grundlage von Gesetzentwürfen aus dem Bundesumweltministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium bereits zahlreiche Verbesserungen vereinbaren können. Ich setze nunmehr auf die Einigungsfähigkeit der Union und erwarte vom Koalitionspartner, das weitestgehend ausgehandelte Regelungspaket zum Weitestgehenden Verbot von Fracking zügig mit uns zusammen umzusetzen. Würde es nicht verabschiedet, bestünde die Gefahr, dass die derzeit auf Eis liegenden Anträge der Unternehmen neu gestellt werden. Einen Schutz gibt es dann allein in Wasserschutzgebieten in den Kernzonen, nicht aber den notwendigen weitergehenden Schutz der Oberflächengewässer oder auch des Wassers für Lebensmittel und Mineralquellen. Zudem wollen wir mit dem Gesetz eine Beweislastumkehr bei Bergschäden aufgrund von Erdbeben einführen, die durch konventionelle Erdgasförderung hervorgerufen werden. Der von Ihnen zurecht eingeforderte dringend notwendige Schutz des Bodensees als Trinkwasserreservoir ist im von den Koalitionsfachpolitkern ausgehandelten Gesetz ausdrücklich gewährleistet. Dies war uns als SPD ein enorm wichtiger Aspekt, weshalb ich, wie gesagt, auf die Einsicht der Union hoffe, dieses Gesetz schnellstmöglich im Bundestag beschließen zu können.

Der Schwachpunkt der Oppositions-Anträge besteht darin, dass keinerlei Regelungen zu den für uns wichtigen Mitspracherechten der Länder und Kommunen enthalten sind. Über die Köpfe von Landtagen und Gemeinderäten hinweg kann so ein wichtiges Thema, wie die Zulassung von Fracking, doch nicht entschieden werden. Auch zu Transparenzpflichten oder Fragen des Wasserhaushalts- und Naturschutzrechtes schweigen die Anträge. Dass die Grünen in jenen Ländern, in denen sie regieren, nicht effektiv gegen Fracking vorgehen, zeigt die Scheinheiligkeit ihres Antrages.

Angesichts dieser ernsthaften Herausforderungen ist es von Grünen und Linken kein parlamentarisch seriöses Verhalten, eine Abstimmung zum diesem Thema ohne Debatte zu beantragen. Ein solcher - allein taktisch motivierter Winkelzug - wird der Problematik nicht gerecht. Parteitaktische Süppchen zu kochen und die Bürgerinnen und Bürger bei diesem sensiblen Thema derart zu verunsichern, ist völlig unangebracht. Auch aus diesem Grund lehne ich diese Anträge ab.

Sie sehen also die deutlichen Unterschiede der SPD insbesondere zur Union. Gern würde ich Ihnen dies auch an anderen Beispielen erläutern und darf mir erlauben, Sie zur nächsten Bürgersprechstunde einzuladen.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Fechner

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Johannes Fechner
Johannes Fechner
SPD