Frage an Johannes Elstner von Sebastian S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Elstner,
1. Schlecht oder unbezahlte Praktika, Teilzeit- oder befristete Verträge sind in der Arbeitswelt mittlerweile an der Tagesordnung. Insbesondere gut qualifizierte Akademiker/-innen sind zunehmend davon betroffen. Nicht selten folgt dem Studienabschluss eine längere Phase der Arbeitslosigkeit.
Üblicherweise stehen in der öffentlichen Debatte bei prekären Beschäftigungsverhältnissen grundsätzlich Nichtakademiker/-innen im Mittelpunkt. Empfohlen wird dabei regelmäßig eine Weiterqualifizierung. Fraglich ist jedoch, wie Qualifizierungsmaßnahmen für Akademiker/-innen, die z.T. mehrere Abschlüsse vorweisen können, aussehen können. Sollte ihnen ein weiteres, von der Arbeitsagentur gefördertes Studium ermöglicht werden oder die Chance gegeben werden, einen ausländischen Studienabschluss zu erlangen? Sollten nur bestimmte Studiengänge gefördert werden, da z.B. beim Ruf nach Fachkräften im akademischen Bereich, wenn überhaupt, Ingenieurinnen und Ingenieure erwähnt werden und keine Geisteswissenschaften? Wie sollte Ihres Erachtens prekären Beschäftigungsverhältnissen begegnet werden? Kann es ein Land, dessen Politiker/-innen bei jeder Gelegenheit die Bedeutung der Bildung betonen, es sich leisten, seinen akademischen Nachwuchs derart sich selbst zu überlassen? Wie stehen Sie zu Studiengebühren?
2. Halten Sie eine Erhöhung der Pendlerpauschale für sinnvoll, obwohl, abgesehen vom ökologischen Aspekt, sie sich nur bei höheren Einkommen merklich auswirkt?
Bspw. würden Singles mit einem Monatseinkommen von 6.000 € und einem Tachoumsatz von 240 km pro Tag jährlich 1.277 € sparen.
3. Welche Integrationsverantwortung bzw. welche Rolle messen Sie dem Landtag im europäischen Gefüge bei? Sollte der Landtag sich stärker in den europäischen Einigungsprozess einbringen und ggf. die Landesregierung zu vermehrten Initiativen im Bundesrat und auf europäischer Ebene veranlassen?
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Schley
Lieber Sebastian,
nett dass du mir schreibst. Wie läuft der SPD-Wahlkampf?
1. Bei der ersten Frage, kann ich deine Situationsbeschreibung nachvollziehen.
Die Frage ist aber, inwiefern sich der Staat hier einmischen sollte. Jedem sollte es freigestellt sein, das Studium zu beginnen, das er sich wünscht. Dazu gehört auch, dass er sich im Vorfeld über den Studiengang und die Berufschancen bzw. Berufspraxis informiert. Die Studenten, die am Ende ihres Studiums ein Praktikum machen möchten, sollten sich im Vorfeld über entsprechende Foren über den Praktikumsbetrieb informieren und ggf. ein Praktikum ablehnen. Wir sprechen hier schließlich von mündigen und gebildeten jungen Menschen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen möchten. Der Ruf nach mehr Staat ist hier nicht angebracht.
Die Abschaffung der Studiengebühren hat zu keiner Verbesserung der Lehre an den Universitäten geführt. Kein Professor, kein Buch und kein Hörsaal wurde mit der Abschaffung der Studiengebühren bezahlt. Wir sollten uns fragen, ob es sein kann, dass man in NRW kostenlos zum Zahnarzt ausgebildet wird, um dann in England oder Skandinavien zu praktizieren. Oder warum wir einem Bankmanager ein kostenloses Studium finanzieren müssen, aber ein Dachdecker 10.000 Euro bezahlen muss (Ohne Verdienstausfall), um Meister zu werden. Studiengebühren sind ein kleiner Beitrag, um Ausbildung gerechter zu machen. Über Höhe und Zeitpunkt der Studiengebühren hätte die SPD mit uns reden können.
2. Die FDP hat die Erhöhung der Pendlerpauschale gefordert. Dahinter steht der Gedanke, diejenigen zu entlasten, die auf das Auto angewiesen sind, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Die Erhöhung ist damit Arbeitnehmergerecht.
Allerdings scheint mir hier nur der Grundgedanke richtig zu sein. So würde auch mir, einem täglichen Zugfahrer, die erhöhte Pendlerpauschale zu Gute kommen. Ich denke, dass, wenn der Staat eingreifen will, nur eine Senkung bzw. Abschaffung der Mineralöl- oder Ökosteuer sinnvoll ist. Alles andere sind Luftbuchungen, die zu mehr Ungerechtigkeit führen.
3. Die Landesregierungen sollten sich auf die Integration der Migranten im eigenen Bundesland kümmern. Meinst du, dass wir 16 Ländervertretungen brauchen? Natürlich ist es so, dass den größeren Bundesländern eine größere Verantwortung zugesprochen wird. Allerdings muss Deutschland mit einer Stimme sprechen und nicht gegenläufige Aussagen in Europa treffen. Die Bundesländer können sich im Rahmen von Staatsverträgen und -kooperationen im Integrationsprozess einbringen. Die Richtlinienkompetenz liegt beim Bund.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes
P.S. Das nächste Mal darfst du mich auch direkt fragen.