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Johann Saathoff
SPD
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Frage von Anna R. •

Wie stehen Sie - auch nach den Entwicklungen der letzten Tage - zu einem Antrag auf ein AfD-Verbotsverfahren durch das Bundesverfassungsgericht?

Wir fühlen uns im Angesicht des Erstarkens der rechtsextremen Kräfte nicht mehr sicher in Deutschland und erwägen, mit der kompletten Familie auszuwandern, wenn demokratische Parteien weiterhin tatenlos zusehen.

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Antwort von
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Moin Frau R.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zur Debatte um die AfD-Verbotsanträge im Deutschen Bundestag. Ich schätze Ihr Engagement für unsere Demokratie und setze mich ebenfalls bei jeder Gelegenheit für unsere Demokratie ein.
Eins möchte ich vorausschicken: der Deutschen Bundestag hat kürzlich über zwei Gruppenanträge für ein AfD-Verbotsverfahren debattiert, es gab aber keine Abstimmung.
Wie alle meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion teile ich die Sorge vieler Menschen über die zunehmende Radikalisierung der AfD. Auch ich bin der Meinung, dass die AfD in vielen Äußerungen und Positionen eine verfassungsfeindliche Haltung einnimmt.
Für ein Verbotsverfahren gilt der Leitsatz aus der Burg zu Pewsum: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem - oder wie man Platt sagt: Wenn Du wat maakst, denn maak dat recht un denk bit to een.
Unser Grundgesetz stellt mit Artikel 21 Absatz 2 das Parteiverbotsverfahren als Instrument der wehrhaften Demokratie bereit. Es ermöglicht das Verbot von Parteien, deren Ziele und Verhalten darauf abzielen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen. In der Geschichte der Bundesrepublik wurden bislang zwei Parteien verboten. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen eines Parteiverbots – wie der Auflösung der Partei und dem Verlust von Mandaten – hat das Verfahren jedoch hohe rechtliche Hürden. Nicht bloß verfassungswidrige Äußerungen, sondern ein planvolles Vorgehen mit Erfolgsaussichten, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, müssen nachgewiesen werden.
Diese hohen Anforderungen setzen eine umfassende und detaillierte Beweissammlung voraus. Diese Beweise müssen durch die zuständigen Behörden – insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz – erhoben und ausgewertet werden. Dieser Prozess findet gerade statt, ist aber noch nicht abgeschlossen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die AfD als Verdachtsfall und nutzt hierzu auch nachrichtendienstliche Mittel. Diese Beobachtungen sind entscheidend, um ein fundiertes Verfahren zu ermöglichen.
Eine Antragsschrift, die den hohen Anforderungen an Begründung und Beweisführung gerecht wird, braucht ebenfalls Zeit. Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht selbst würde nach bisherigen Erfahrungen mindestens eineinhalb Jahre dauern.
Die Verfahrensdauer gebietet es also, einen Beschluss für ein AfD-Verbotsverfahren zu einem frühen Zeitpunkt einer Legislaturperiode zu stellen. Diese Aufgabe wird dem 21. Deutschen Bundestag zufallen, der am 23. Februar gewählt wird.
Für einen solchen Beschluss braucht es natürlich die entsprechende Mehrheit. Aktuell gibt es diese im Deutschen Bundestag nicht. Die Fraktionen CDU/CSU und FDP haben ihre Ablehnung eines solchen Vorhabens klar signalisiert und nachdem CDU/CSU und FDP am 29. Januar gemeinsam mit der AfD einen Antrag beschlossen haben, ist eine Zustimmung von CDU/CDU und FDP zu einem AfD-Verbotsantrag im Deutschen Bundestag ungewisser denn je.
Es bleibt unser aller Aufgabe, am 23. Februar auch in Ostfriesland für eine demokratische Mehrheit im Deutschen Bundestag zu sorgen, die dann auch ein Verbotsverfahren gegen die verfassungsfeindliche AfD einleiten kann und wird.
Mit freundlichen Grüßen
Johann Saathoff

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