Frage an Johann-Henrich Krummacher von Barbara F. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Krummacher,
Alleinerziehende bezahlen in Deutschland soviel Steuern wie Singles. Steuerklasse II bedeutet nur, dass sie weniger Kirchensteuer bezalen und etwasweniger Solidaritätsbeitrag.
Fall 1: Ein Ehepaar hat 3 Kinder, er vedient 50000,-- € im Jahr, die betreut die Kinder. DieElternlassen sich scheiden, dann bezahlt der ERnährer statt 7000,--€ nun 11.000,--€ Einkommensteuer - obwohl sie doch nun 2Wochnungenbrauchen und immer noch 3 Kinder haben.
Fall 2: Alleinerziehende Mutter muss mehr arbeiten gehen, damit sie ihrem KinddieAusbildung bezahlen kann. Sie verdient jetzt mehr, zahle aber jeden Monat 400,--€ mehr an Einkommensteuer (4800,--€ im Jahr!) als ein Ehemann, der seine Frau miternährt. Nur könnte diese ja Geld vedienen, das Kind nicht. Das Kind braucht auch ein eigenes Zimmer, die Ehefrau nicht. D.h. das Kind ist teurer, aber die Mutter wird wie Steuerklasse I behandelt.
Sind Ihnen diese Fakten (Finanzamtsauskunft) bekannt?
Finden Sie das gut oder werden Sie einen Gesetzesantrag einbringen, um das zu ändern?
Sehr geehrter Frau Frick,
vielen Dank für Ihre Zusendung. Die von Ihnen genannten Fallbeispiele sind -- ohne dies genauer verifiziert zu haben -- sicherlich richtig. Allerdings enthalten sie auch verschiedene Schlussfolgerungen bzw. Implikationen, die zumindest einer genaueren Analyse bedürften. Bitte gestatten Sie deshalb, dass ich Ihnen prinzipiell antworte.
Richtig ist, dass der jeweilige Steuersatz von der Einkommenshöhe abhängt und nicht davon, ob mit diesem Einkommen Kinder zu finanzieren sind. Auch differenziert das bestehende Steuerrecht nicht zwischen Unverheirateten/Singles mit und ohne Kinder. Die finanzielle Mehrbelastung ist vielmehr Bestandteil der Regelungen über das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag.
Allerdings halte ich diese Regelung für wenig befriedigend.Tatsache ist, dass das gegenseitige, rechtlich verbindliche und ggf. auch einklagbare "Füreinander-Einstehen" innerhalb einer Erwerbsgemeinschaft gerade im Hinblick auf Kinder durch das Steuerrecht nicht hinreichend berücksichtigt wird. Dies betrifft Familien mit vielen Kindern ebenso wie Alleinerziehende. Der erste und entscheidende Schritt hin zu einer Lösung wäre in meinen Augen die Erweiterung des Ehegattensplittings (auch Eheleute sind ja -- im Gegensatz zu anderen Formen der Partnerschaft -- eine rechtlich verbindliche Erwerbsgemeinschaft eingegangen, die im Trennungsfall eine Unterhaltszahlungen begründet) hin zu einem echten Familiensplitting. Das würde auch im Steuerrecht die Anerkennung bedeutet, dass das Einkommen auch für die haushaltsangehörigen Kinder zur Verfügung stehen muss. Das steuerpflichtige Einkommen würde sich also von vorne herein um den Betrag reduzieren, der bereits für die Versorgung aller Haushaltsangehörigen -- d.h. nunmehr auch der Kinder -- zu veranschlagen ist. Hierfür setze ich mich ein -- auch gegen jene, die den Gerechtigkeitsaspekt eines solchen Familiensplittings und die damit einhergehende, strukturelle Verbesserung der Steuersystematik nicht erkennen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Jo Krummacher