Frage an Johann-Henrich Krummacher von Werner M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Krummacher,
nachdem Sie der einzige CDU-Abgeordnete aus Stuttgart sind und die CDU beim Golfkrieg 1991/1992 an der Regierung war, kann ich meine Frage nur an Sie richten.
Im Rahmen der damaligen "Scheckbuchdiplomatie" wurde die Beteiligung am Golfkrieg gegenüber den USA finanziell geregelt. Zu dieser Bezahlung der Kosten am Golfkrieg wurde die Mineralölsteuer um 20 Pfennig pro Liter erhöht. Irgendwann waren die Kriegskosten bei den USA beglichen, die Steuer blieb jedoch. Wenn eine Person auf Raten Gegenstände einkauft, sind sie in der Regel auch mal bezahlt so das der "Ratenzahler" wieder über diese Ratenhöhe verfügen kann.
Warum wurde nach Bezahlung der Kriegskosten die Mineralölsteuer um diesen vorherigen Aufschlag nicht reduziert oder hat sich der Finanzminister an diese Einnahmequelle gewöhnt ?
Ich weiß, dass Sie zur damaligen Zeit nicht im Bundestag waren, aber Sie sind der einziege CDU-Vertreter (siehe oben)
Freundliche Grüße
Werner Mauth
Sehr geehrter Herr Mauth,
vielen Dank für Ihre Mail vom 19.01.07 zum Thema "Mineralölsteuererhöhung im Kontext des Golfkrieges 1991/1992". Richtig ist, dass Bundeskanzler Helmut Kohl öffentlich die damalige Erhöhung der Mineralölsteuer mit einer finanziellen Beteiligung Deutschlands an der Umsetzung der UN-Resolutionen im Rahmen des so genannten zweiten Golfkrieges in Zusammenhang gebracht hat. Allerdings hat dieser Zusammenhang keinen unmittelbaren oder exklusiven Charakter, und zwar aus drei Gründen:
Erstens aufgrund der allgemein Steuer- bzw. Haushaltsystematik: Wenn das außenpolitische Engagement Deutschlands eine Ausgabensteigerung nach sich zieht, muss diese natürlich durch den Bundeshaushalt gedeckt sein. Konkret müssen also anderen Maßnahmen zurückgefahren oder die Einnahmen erhöht werden. Höhere Einnahmen durch eine Steuererhöhung fließen aber dennoch in den allgemeinen Haushalt und sind nicht an ein bestimmtes "Projekt" gebunden. Kurz: Die Staatsausgaben werden durch die Summe aller Steuereinnahmen finanziert, bestimmte Steuern (oder die Mehreinnahmen einer Steuererhöhung) also nicht nur für die Finanzierung einer spezifischer Staatsaufgabe verwendet (das so genannte "Nonaffektationsprinzip").
Zweitens war auch nach der Befreiung Kuwaits während des zweiten Golfkrieges ein Engagement Deutschlands – wie der internationalen Staatengemeinschaft insgesamt – in der Golfregion notwendig: im Norden und Süden des Irak mussten die von der UNO beschlossenen Flugverbotszonen durchgesetzt werden, und internationale UN-Inspektoren waren über Jahre hinweg bemüht, die verschiedenen Waffenprogramme des Irak aufzuarbeiten und für eine Abrüstung zu sorgen. Im Grunde hält das finanzielle Engagement Deutschlands bis heute an, denn auch wir haben ein großes Interesse am Wiederaufbau des Irak und unterstützen die neue Regierung des Irak in ihren Bemühungen, sich demokratisch zu konsolidieren. Drittens schließlich: um den oben geschilderten Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben vollständig zu erreichen, mussten über viele Jahre hinweg zusätzliche Schulden aufgenommen werden. Insofern kam es – unabhängig von der Höhe der Kosten des Folgeengagements – nicht zu einem Haushaltsüberschuss, sondern es mussten entsprechend weniger Schulden aufgenommen werden.
Sehr geehrter Herr Mauth, die hier skizzierten Hintergründe erklären, warum es sich – entgegen dem ersten Eindruck – bei der Erhöhung der Mineralölsteuer gerade nicht um die Finanzierung einer inzwischen schon längst getilgten "Ratenzahlung" handelt. Allerdings gebe ich Ihnen in einem Punkt dennoch Recht: die Finanzpolitik „gewöhnt“ sich sehr wohl schnell an bestimmte Einnahmequellen (bestes Beispiel ist die Schaumweinsteuer, die 1902 zur Finanzierung des Aufbaus der deutschen Marine eingeführt wurde). Dies hängt auch damit zusammen, dass sich die Öffentlichkeit ebenso schnell an bestimmte, den Einnahmen folgende Maßnahmen gewöhnt. Wird eine beispielsweise eine Steuer gesenkt, müssen prinzipiell auch staatliche Aufgaben reduziert oder die Kreditaufnahmen erhöht werden. Ersteres führt in der Regel zu Protesten der bislang Begünstigten, während letzteres die nachkommenden Generationen belastet und durch Zinszahlungen den Haushaltsspielraum weiter einschränkt. Unabhängig davon handelt es sich in den meisten Fällen auch nicht um punktuelle Ausgaben, sondern um langfristige Maßnahmen (vgl. das Beispiel der Marine, die ja – meines Erachtens heute mehr als 1902 – einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit des internationalen Schiffsverkehrs führt. Ich weise aber auch darauf hin, dass der Bundeshaushalt 2007 den Willen der unionsgeführten Koalition zu einer nachhaltigen Finanzpolitik unzweifelhaft belegt: die Nettokreditaufnahme sinkt auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Damit werden wir sowohl die Maastricht-Kriterien als auch verfassungsrechtliche Vorgaben wieder eingehalten.
Mit freundlichen Grüßen
Jo Krummacher