Frage an Jörn Thießen von Willi B. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Thießen,
zur Zeit liegt ein Gesetzentwurf zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vor, in dem u.a. geplant ist, das sogenannte Rentnerprivileg abzuschaffen. Das würde bedeuten, daß einem Rentner im Falle einer Scheidung die Rente sofort um den/der Ex zustehenden Anteil gekürzt würde, auch wenn der/ diese selbst noch nicht im Rentenalter ist. Ich halte dieses für höchst ungerecht, da sich die Höhe des Rentenbezuges letztendlich nach den eingezahlten Beiträgen richtet. Profitieren würde nach der geplanten Neuregelung nur der Rentenversicherer.
Ich möchte Sie hiermit um Ihre Stellungnahme bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Buck
Lieber Herr Buck,
Sie sprechen da ein sensibles Thema an.
Das 1977 mit dem Versorgungsausgleich eingeführte sogenannte Rentenprivileg führte in der Praxis immer wieder zu einer ungerechten Aufteilung der jeweiligen Versorgungs- und Rentenansprüche. Mit der wahrscheinlich Ende 2009 in Kraft tretenden Reform wird gerade bei langjährigen Ehen vor allem der Partner, der im Interesse der Familie ganz oder teilweise seine eigene Berufstätigkeit zurückstellt hat, von der Reform profitieren. Mit Hilfe der Reform haben die Eheleute auch größere Spielräume den Versorgungsausgleich individuell zu vereinbaren
Das bisherige Rentnerprivileg nach § 101 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB VI) schützt den Rentner vor Rentenkürzungen durch den Versorgungsausgleich, solange der Ex-Partner nicht auch in Rente gegangen ist.
Nach der Strukturreform gilt der Grundsatz der internen Teilung, wonach in Zukunft jedes Anrecht auf eine Versorgung (gesetzliche Rente, Betriebsrente, private Vorsorge) intern geteilt wird. Hiermit soll eine gerechte Teilhabe an jedem in der Ehe erworbenen Anrecht und an dessen künftiger Wertentwicklung sichergestellt werden, wodurch Wertverzerrungen wie im bisher geltenden Recht vermieden werden sollen.
In Ausnahmefällen kann eine externe Teilung greifen. Die Begründung eines Anrechts bei einem anderen Versorgungsträger findet statt, wenn der ausgleichsberechtigte Ehepartner und der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten dies vereinbaren, unabhängig vom Ausgleichswert.
Bei einer Ehedauer von bis zu zwei Jahren findet kein Versorgungsausgleich statt. Hier sieht der Gesetzgeber keinen Bedarf für einen Ausgleich, da in der Regel nur geringe Werte auszugleichen wären. Auch bei sogenannten Bagatellausgleichen wird der Versorgungsausgleich meist nicht durchgeführt
Trotz Neuregelung gilt selbstverständlich ein Bestands- bzw. Vertrauensschutz, wodurch all diejenigen nicht von der Abschaffung des Rentnerprivilegs betroffen wären, bei denen bei In-Kraft-Treten des Gesetzes ein rechtsgültiger Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist und bereits ein Rentenbezug begonnen hat.
Herzliche Grüße
Jörn Thießen