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Frage von Christian L. •

Frage an Jörn Thießen von Christian L. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Prof. Thießen,

Sie verzeihen, dass ich mich gleich mit zwei Fragen an Sie wende.

1. Frage: Ist jemals in Rahmen der aktuell stattfindenden Umweltsanierungsbemühungen (CO² Reduzierung) schon überlegt worden, das Übel an der Wurzel und nicht an der Wirkung zu packen? Soll heißen, Arbeitsplätze dorthin zu verlagern wo Menschen wohnen und nicht Menschen teilweise 300 km täglich zur Arbeit fahren zu lassen? Ein Blick auf die morgendlichen Autoschlangen und vollbesetzen Züge würde jeden, der nicht mitfahren muss, nachdenklich machen.

Hierbei wäre sicherlich das größte Umwelteinsparungspotential. Ich bin mir bewusst, dass es sich nicht immer durchführen ließe, aber es zu versuchen bedeutet ja, es zumindest als Teilaspekt in Betrachtung zu ziehen. Und über getätigte Versuche habe ich noch nie ernsthaft etwas gehört. Es hätte den Charmem gleichzeitig das Verkehrsproblem, die immer häufiger werdenden gesundheitlichen Belastungen der Arbeitnehmer, die Familienpolitik etc. zu entspannen. Ok, wohl zum Nachteil der Ölnmultis und der Aktionären.

2. Frage: Warum werden lediglich für Autos alle möglichen Umweltauflagen getätigt?
Bahnverkehr ist mit Sicherheit aufgrund der veralteten Schienentechnik bei weitem lauter. Hier gibt es noch nicht einmal den Versuch des Anreizes dies zu mindern. Es gibt, soweit ich beim Bundesumweltamt recherchieren konnte, für den bestehenden Schienenverkehr keine Auflagen.

Es würde mich freuen, wenn dies Sie direkt erreichen würde und nicht im Vorzimmer stecken bleibt, damit die Entfernung Bürger / Politiker nicht noch weiter aufklafft, zumal ich den Eindruck gewinne, dass die Bevölkerung lediglich noch schmückendes Beiwerk zur Industrie und Politik geworden ist.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lehmann

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Antwort von
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Lieber Herr Lehmann,

Sie sprechen ein Problem an, das schon viele Experten beschäftigt hat und auch weiterhin sowohl bei den Kommunen, den Ländern als auch dem Bund für Kopfzerbrechen sorgt. Die Dynamik, die dahinter steht, ist relativ gut erforscht. Wir wissen bereits, dass bei sinkenden Geburtenzahlen und einer alternden Bevölkerungsstruktur an vielen Orten neue Probleme auf uns zukommen, die uns möglicherweise sogar mehr Mobilität abverlangen werden. Sie haben ganz recht, Anfahrtswege von 150 Kilometern und mehr sind beispielsweise für Facharbeiter in hochverdichteten Regionen wie dem Rhein-Main-Gebiet heute schon ganz normal. Das Bundesverkehrsministerium hat sich in einer umfassenden Studie mit der absehbaren Entwicklung unserer Siedlungsstruktur und Mobilität bis 2050 beschäftigt. Eines der Ergebnisse war die Voraussage, dass die regionalen Unterschiede in der Verkehrsentwicklung eher noch größer werden als bisher: Auf dem Land wird sowohl der öffentliche wie auch der individuelle Verkehr langfristig abnehmen, in Ballungsgebieten aber weiter anwachsen. Die Aufgaben, die der Verkehrsplanung daraus zufallen, sind deshalb ebenfalls nicht über einen Kamm zu scheren. Im Interesse der Umwelt bemüht sich die Politik auch um Verkehrsvermeidung, aber noch viel mehr Wirkung auf den CO2-Ausstoß hätte es, wenn wir die Antriebsformen des Individualverkehrs weg von fossilen und anderen auf Kohlenstoff basierten Brennstoffen hin zu Elektromotoren und Brennstoffzellen mit ihrer erheblich besseren Umweltbilanz verlagern könnten. Hier wird es in den nächsten Jahren noch großer Anstrengungen bedürfen, um unsere ehrgeizigen Klimaschutzziele auch wirklich zu erreichen.

Ihre Beobachtung, dass sich niemand um den Lärm auf der Schiene kümmert, kann ich nicht teilen. Beim Neu- oder Umbau von Bahnstrecken gibt es sogar einen Rechtsanspruch auf Lärmvorsorge nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Alte Schienen sind davon zwar nicht erfasst, aber seit 1999 werden jährlich über 50 Millionen Euro für "Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes" aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt, und ab dem laufenden Haushaltsjahr 2007 wurde dieser Betrag sogar auf das Doppelte angehoben: 100 Millionen Euro zahlt der Bund seither jährlich für die Errichtung von Lärmschutzwänden, für Schmiereinrichtungen an engen Gleisbögen, Lärmminderungen bei Brücken und ähnliche Maßnahmen. Parallel dazu wird auch passiver Lärmschutz gefördert, beispielsweise kann der Einbau schallschluckender Fenster bei Anwohnern mit bis zu drei Vierteln der Anschaffungskosten bezuschusst werden. Wenn Sie sich - vielleicht sogar als direkt Betroffener? - für Details interessieren, schlage ich Ihnen vor, sich vielleicht einmal mit der DB ProjektBau GmbH (in Köln oder der zuständige Regionalbereich Nord in Hannover) in Verbindung zu setzen, zu deren Aufgaben die Planung und Durchführung der Lärmsanierungsprogramme bei der Bahn gehören.

Herzliche Grüße
Jörn Thießen