Frage an Jörn Thießen von Hanns S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Darf ich Ihren Vorstoß zum Wahlrecht so verstehen, dass Sie am liebsten diejenigen Wähler bestrafen wollen, die nicht SPD gewählt haben. Dass Ihre Partei den Anspruch darauf erhebt, dass die Nichtwähler zwangsläufig SPD zu wählen hätten und so tut, als sei sie nur an der Wahlbeteiligung gescheitert setzt voraus, dass Sie die Wähler gleichsam als Ihr Eigentum ansehen. Ist das so?
Warum denkt in der SPD niemand über das katastrophale Persoalangebot der Partei nach? Wieso wird nicht selbstkritisch die Geldvernichtung durch Geschenke in Form von Abwrackprämie oder Opelrettung thematisiert? Wieso wechselt die SPD als Konsequenz nicht wenigstens ihren Kanzlerkandidaten aus, der bei Opel ja den Mund zu voll genommen hatte? Wieso gibt es keine Selbstkritik zu Steinbrück und Müntefering und deren martialischer Rhetorik gegenüber unseren Nachbarstaaten im Steuerstreit? Und wieso sieht man nicht, dass der aggressiv gegenüber Irland (das seiner Meinung nach so lange abstimmen muss, bis das Ergebnis ihm passt) auftretende Martin Schulz in Europa auch nicht geschätzt wird und von den anderen Europäern so wahrgenommen wird, wie Berlusconi das treffend beschrieben hat. Es gäbe viele Konsequenzen, die die SPD ziehen könnte, wenn sie sich an die eigene Nase packen würde. Warum tun Sie das nicht? Wieso soll nun der Wähler dafür bestraft werden, dass er die SPD abgestraft hat? Was für ein Verhältnis zwischen SPD und dem Wähler drückt sich durch diese herangehensweise aus? Meinen Sie auch, dass bestraft gehört, wer im September Sie persönlich nicht wählt?
Lieber Herr Schmidt,
ich finde zwar bedauerlich, dass Ihnen so gar keiner meiner Kollegen und ich schon gar nicht gefalle, aber Sie müssen mich nicht wählen. Suchen Sie sich aus dem Personalangebot auf dem Wahlzettel jemand aus, der Ihnen mehr zusagt. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihre Auswahl aus dem demokratischen Parteienspektrum träfen, aber mir ist vor allem wichtig, dass Sie hingehen! Wie soll ich denn Konsequenzen aus dem Ergebnis der Europawahl ziehen, wenn ich von rund 60 Prozent der Wahlberechtigten nicht gesagt bekommen habe, was sie denken?
Herzliche Grüße
Jörn Thießen