Frage an Jörg-Uwe Hahn von Michael W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Ich hätte gerne gewußt, wie Sie zur raschen Einführung direkt-demokratischer Elemente in unsere Verfassung stehen - so wie sie z.B. von dem Verein Mehr Demokratie e.V. vorgeschlagen werden. Das bedeutet kurzgefaßt: In wichtigen Angelegenheiten wird der Bürger direkt befragt und die resultierende Mehrheitsentscheidung dann auch in die Praxis umgesetzt.
Meiner Ansicht nach ist die Politikverdrossenheit der Bürger doch vornehmlich darauf zurückzuführen, daß unser Wahlsystem im Grunde nichts anderes bewirkt, als daß der Einfluß des Bürgers auf das politische Geschehen mit der Stimmabgabe endet. Und was dort an Auswahl und Qualifikationen zur Verfügung steht, läßt meiner Einschätzung nach sehr zu wünschen übrig.
Hinzu kommt, daß solche direkt-demokratischen Mechanismen mir als einzig wirksame Maßnahme gegen Lobbyismus erscheinen. Und dagegen muß in diesem Land dringend etwas unternommen werden - Stichwort Energiepolitik, um nur ein Beispiel zu nennen.
Sehr geehrter Herr Weber,
herzlichen Dank für Ihre Frage über www.kandidatenwatch.de. Sie fragen, wie wir zur raschen Einführung direkt-demokratischer Elemente in unserer Verfassung stehen.
Artikel 71 der Hessischen Verfassung stellt klar, dass direkte Elemente neben der repräsentativen Demokratie stehen. Als Liberale bekennen wir uns zur repräsentativen Demokratie. Gleichwohl meinen wir, dass direkt-demokratische Elemente hierfür eine wichtige Bereicherung darstellen würden. So würde der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger in ausgewählten Einzelfällen gestärkt; zudem ergäben sich, so meinen auch wir, eine intensivere Auseinandersetzung und letztlich auch eine stärke Identifikation mit den getroffenen Entscheidungen.
Auf kommunaler Ebene möchte die FDP vor allen die formalen Anforderungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide vereinfachen. Zudem soll eine nachträgliche Heilung formaler Mängel ermöglicht werden und die Antragsteller sollen bereits im Vorfeld besser über die formalen Anforderungen in formiert werden. Auch auf Landkreisebene möchten wir Bürgerbegehren und Bürgerentscheide ermöglichen.
Auf Landesebene liegen in Hessen die Hürden für eine direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Vergleich zu anderen Bundesländern nach wie vor sehr hoch. Deshalb scheiterten bisher alle Volksbegehren.
Eine Vereinfachung des Verfahrens soll durch folgende Reformen erfolgen: Das Unterschriftenquorum für die Zulassung eines Volksbegehrens soll von derzeit 3 % auf künftig 2 % reduziert werden (statt bisher ca. 128.500 wären dann nur noch ca. 90.000 Unterschriften notwendig). Nach liberaler Vorstellung sollte sich bei erfolgreichem Überschreiten dieser Hürde der Landtag mit dem Gegenstand auseinandersetzen müssen.
Stimmt er der Initiative nicht zu, wird das Volksbegehren durchgeführt. Es soll nach liberaler Vorstellung erfolgreich sein, wenn mindestens 20 % aller Wahlberechtigten ihm durch Eintragung in besondere Listen zustimmen. Die Frist hierfür wollen wir von 14 Tagen auf 3 Monate verlängern. Der anschließend durchzuführende Volksentscheid ist erfolgreich, wenn die Mehrheit zustimmt und ein Quorum von 25 % der Wahlberechtigten erreicht wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg-Uwe Hahn