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Jörg-Uwe Hahn
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Frage von Tobias W. •

Frage an Jörg-Uwe Hahn von Tobias W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Hahn,

die FDP möchte sich bei einer möglichen Regierungsbeteilung in Hessen für die "Freiheit" der Hochschulen Studiengebühren einzuführen zu dürfen einsetzen. Als Liberalem unterstelle ich ihnen, dass sie etwas von Wettbewerbsprozessen verstehen. Warum glauben sie dann, dass sich eine der größeren Hochschulen gegen Studiengebühren entscheiden würde? In NRW hat einer ihrer Parteifreunde auf diesem Wege bereits defacto allgemeine Studiengebühren eingeführt.

Wie passt ihre liberale Einstellung mit der Tatsache zusammen, dass sie zusätzliche Gebühren und Bürokratie ermöglichen wollen? Als unbedarftem Bürger drängt sich der Eindruck auf, dass sie Lobbypolitik betreiben. Wie lässt sich sonst erklären, dass sie sozial schwächere Studenten belasten möchten (bzw. dies ermöglichen), während sie bei Unternehmer Gebühren (bzw. Steuern) senken möchten?

Halten sie Hochschulbildungspolitik für so nachrangig, dass sie lieber nichts mehr mit so einer entscheidenden Frage wie den Studiengebühren zutun haben wollen?

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Wolf

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Wolf,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworte.

Wegen der großen Unruhe, die die aufgeheizte Diskussion um Studiengebühren gebracht hat, hat die FDP beschlossen, dass in der 18. Legislaturperiode keine Studiengebühren für das Erststudium eingeführt werden sollen. Anderes gilt für die Erhebung von Langzeitstudiengebühren (die von vielen Hochschulen gefordert werden) und Studiengebühren für Zweitstudien. Wir wollen die bestehende Situation der Hochschulen zunächst in Ruhe evaluieren und zusammen mit Ihnen einen Weg finden, endlich wieder die Qualität von Forschung und Lehre in den Mittelpunkt der Diskussion zustellen.

Grundsätzlich gilt aber nach wie vor Folgendes: Die FDP lehnt pauschale Zwangsstudiengebührenmodelle ab.

Unser "Hochschulfinanzierungsmodell" sieht vielmehr einen Finanzierungsdreiklang bestehend aus staatlicher Grundfinanzierung durch Bildungsgutscheine, der Möglichkeit der Hochschulen zur Erhebung von Studiengebühren und Eigenkapitalaufbau vor.

Wir Liberale wollen also jeder Hochschule mittelfristig ermöglichen, in ihren Gremien (unter Beteiligung der Studierenden, Professoren und Mitarbeiter) selbst zu entscheiden, ob, in welchem Studiengang und in welcher Höhe sie Gebühren erheben will. Hochschulen stehen im internationalen und nationalen Wettbewerb, um konkurrenzfähig zu bleiben, benötigen sie eigene Profile und eine gesicherte finanzielle Basis. Studiengebühren sind hier eine mögliche Finanzquelle, die gezielt für zusätzliche Leistungen in der Lehre und damit für die eigene Qualitätssteigerung nutzbar gemacht werden könnte. Gleichzeitig wollen wir die Hochschulen dann auch verpflichten, den Studierenden das Geld zurückzuerstatten, sollten sie die versprochenen Zusatzleistungen nicht einhalten.

Ihre Befürchtung, dass dann alle Hochschulen flächendeckend für alle Studiengänge und Semester Studiengebühren erheben würden, teile ich nicht. Die Erfahrungen in NRW zeigen, dass die Hochschulen mit dieser Kompetenz sehr verantwortungsbewusst umzugehen wissen. Hier sind viele ganz unterschiedliche Gebührenmodelle entstanden. In Hessen hatte sich die Technische Universität Darmstadt für das Autonomiemodell der FDP eingesetzt, da sie ganz bewusst im Wettbewerb um Studierende damit werben wollte, anders als andere Hochschulen keine Studiengebühren zu erheben.

Klar ist, jeder Mensch, der dazu die Begabung hat, soll unabhängig von seiner finanziellen Leistungskraft an einer staatlichen Hochschule studieren können. Deshalb sieht unser Autonomiemodell soziale Befreiungstatbestände sowie "nachgelagerte" und damit sozialverträgliche Studiengebühren vor: Jeder Studierende soll ohne Ansehen von Einkommens- und Vermögensverhältnissen einen Anspruch auf ein moderat verzinsliches Darlehen, welches erst bei Erzielung hinreichenden Einkommens zurückzuzahlen ist, erhalten. Bei besonders gutem Studienabschluss soll das Darlehen erlassen werden.

Darüber hinaus wollen wir das Stipendienwesen durch einen Stiftungsfonds von Bund, Ländern und Wirtschaft ausbauen. Ziel ist ein ausschließlich die Begabung berücksichtigendes Stipendium von 300,- € / Monat, denn das größte Problem für Studierende sind während des Studiums die jeden Monat anfallenden die Lebenshaltungskosten, nicht evtl. die Studiengebühren.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Jörg-Uwe Hahn