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Jörg-Otto Spiller
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Jörg-Otto Spiller von Wolfgang S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Spiller,

ich hätte gerne von Ihnen gewusst, wie Sie zur geplanten Diätenerhöhung von Bundestagsabgeordneten stehen und ob ich damit als junger Steuerzahler (ledig, ohne Kinder, Pendler und damit maximal Steuer belastet) damit rechnen kann, dass Sie sich gegen diese aussprechen.

Mein Unmut über diese unfassbare Frechheit einer solch dreisten Erhöhung ist nicht in Worte zu fassen. Entsprechend fordere ich Sie auf, gegen die Diätenerhöhung zu stimmen, so wie mir zu erklären, wie es zu diesem nicht vertretbaren Vorhaben überhaupt kommen konnte?

Mit freundlichen Grüßen,

Wolfgang Schmidt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihr Schreiben zum Thema Abgeordnetendiäten.

Die Diskussion darüber, ob es sachlich angemessen und politisch klug ist, im Zuge der Übertragung des jüngsten Tarifabschlusses für die Arbeiter und Angestellten des Bundes auf seine Beamten und Soldaten ebenfalls die Diäten der Bundestagsabgeordneten anzuheben, ist auch in der SPD-Fraktion noch nicht abgeschlossen. Mehrheitlich hat sich die Fraktion nach lebhafter und ausführlicher Debatte allerdings dafür ausgesprochen. Ich habe das auch getan und will das gern begründen.

Seit 1995 steht im Abgeordnetengesetz, dass sich die Diäten der Bundestagsabgeordneten an der Besoldungsgruppe B6 und R6 orientieren sollen. Nach dieser Gehaltsgruppe werden beispielsweise Bürgermeister von Städten mit um die hunderttausend Einwohnern (in Berlin die Bezirksbürgermeister), Richter ohne herausgehobene Funktionen an Bundesgerichten und Unterabteilungsleiter in den Bundesministerien bezahlt.

Bis Ende vorigen Jahres hat der Bundestag freilich nie ernsthaft versucht, diese Absicht durchzusetzen. Denn sie hätte eine beachtliche Diätenerhöhung bedeutet, und dagegen gibt es immer gewichtige Einwände.

Im November 2007 haben die Koalitionsfraktionen den Mut zu diesem unpopulären Schritt aufgebracht und – gekoppelt an Abstriche bei der Altersversorgung – in zwei Stufen die Anpassung an die B6/R6-Besoldung beschlossen. Allerdings haben sie damals den erst im Frühjahr 2008 anstehenden Tarifabschluss unterschätzt. Die Folge ist politisch problematisch: Wenn der Bundestag bei den Diäten das seit 1995 verkündete Ziel erreichen will, muss er wenige Monate nach der Ende 2007 beschlossenen Diätenerhöhung eine zusätzliche Anhebung für 2009 und 2010 beschließen. Ich kann gut verstehen, dass dies viele Bürgerinnen und Bürger erbost.

Wenn der Anfang Mai eingebrachte Gesetzentwurf im Bundestag eine Mehrheit findet, was ich vermute und für wünschenswert halte, werden die Bundestagsabgeordneten ab Januar 2010 Diäten von brutto 8.150,-EUR im Monat erhalten. Das ist eine Menge Geld und gut 16% mehr als noch im Dezember 2007.

Ich selbst werde so hohe Diäten nicht mehr erhalten, weil ich aus Altersgründen 2009 nicht mehr für den Bundestag kandidieren werde. Aber ich hoffe, dass die Mitglieder des 2009 zu wählenden Bundestages diese Bezüge bekommen. Sie werden dann rund ein Drittel mehr verdienen als der Leiter der Berufsschule oder eines Gymnasiums (weil über Besoldung der Landesbeamten seit kurzen die Länder zu befinden haben, gut ein Drittel mehr als der Schuldirektor in Berlin, knapp ein Drittel mehr als dessen Kollege in Baden-Württemberg). Das ist ein sehr gutes Einkommen, aber gemessen an der verantwortungsvollen Aufgabe von Bundestagsabgeordneten, gleichviel ob in der Regierungsmehrheit oder in der Opposition, auch keine überhöhte Bezahlung. Bei allem Respekt vor der kommunalen Ebene – ich möchte nicht, dass von der Bezahlung auf Dauer Anreize dafür ausgehen, dass politisch besonders tüchtige Frauen und Männer der Kommunalpolitik den Vorzug gegenüber einem Mandat auf nationaler Ebene geben.

Ich möchte auch nicht, dass Menschen, die in ihrem Beruf erfreulich erfolgreich ihre Frau oder ihren Mann gestanden haben, sich von finanziellen Erwägungen davon abhalten lassen, über eine Bundestagskandidatur nachzudenken. Denn es tut unserem Land gut, wenn dem Parlament viele Frauen und Männer angehören, die in ihrem Arbeitsleben nicht nur Politik gemacht haben.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg-Otto Spiller