Frage an Jörg Heydorn von Max P. bezüglich Recht
Sehr geehrter Jörg Heydorn,
Ich habe einige Fragen:
Wie stehen Sie daher zu Themen Direkter Demokratie einschließlich Volksabstimmung?
Wie stehen Sie zu privatisierungen von öffentlichem Eigentum?
Welche Ideen haben Sie, um Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund besser zu integrieren?
Wie kann die BUGA für alle kostengünstig zugänglich gemacht werden und daher ein Zaun eingespart werden?
Was könnte auf Landesebene konkret gemacht werden, um Arbeit und Einkommen gerechter zu verteilen (sprich Arbeitslosigkeit und Armut zu senken)?
Mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Herr Priesemann,
Frage 1:
Volksabstimmungen sind ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. Unter der SPD Regierung wurde die Verfassung geändert und die Quoren für eine Volksabstimmung heruntergesetzt.
Frage 2:
Der Privatisierung öffentlichen Eigentums stehe ich generell weder ablehnend noch befürwortend gegenüber, da diese Entscheidungen nur unter genauer Beleuchtung des Einzelfalls getroffen werden können.
Frage 3:
Deutsche Sprachkenntnisse sind das A und O für eine erfolgreiche Integration. Für einen Schulabschluss und eine Ausbildung sind sie zwingend. Ohne einen Schulabschluss bekommt man keinen Ausbildungsplatz und ohne abgeschlossene Ausbildung sinken die Chancen auf eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt dramatisch. Das Erlernen unserer Sprache muss deshalb konsequent gefördert und gefordert werden. Deshalb brauchen wir ein wirkungsvolle Sprach- und Integrationskursangebote. Die bisherige Evaluation des Zuwanderungsgesetzes hat leider Verbesserungsbedarf aufgezeigt: Das betrifft die Qualität und Finanzausstattung der Kurse und die Verringerung des zeitlichen Abstands zwischen Einreise und tatsächlicher Kursteilnahme. Außerdem müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Teilnahmebereitschaft der Migranten an den Integrationskursen zu erhöhen.
Der Erwerb von Sprachkompetenzen muss bereits im Kindergarten das oberste Bildungsziel sein. Um Deutsch als Fremdsprache besser erlernen zu können, sollte meines Erachtens auch die konsequente Förderung der Muttersprache berücksichtigt werden. Durch Verbesserung der Ausbildung müssen Erzieherinnen und Erzieher besser in die Lage versetzt werden, Sprachdefizite früh zu erkennen und adäquat zu reagieren. Zudem bedarf es mehr Erzieherinnen und Erzieher mit Migrationshintergrund. Um bei der frühen Sprachvermittlung möglichst viele Kinder zu erreichen, ist es mein Ziel, dass alle Kinder in den Kindergarten gehen; hierzu gehört auch die schrittweise Einführung der Gebührenfreiheit. Die im Elternhaus gesprochene Sprache beeinflusst die Leistungen der Schüler deutlich, deshalb müssen auch Eltern die Möglichkeit erhalten, Integrationskurse zu besuchen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollte daher zügig die noch ausstehende Kurskonzeption für den zielgruppenspezifischen Frauen-/Elternintegrationskurs vorlegen.
Lehrer und Erzieher haben eine wichtige Aufgabe bei der nachhaltigen Vermittlung unserer gesellschaftlichen Werte. Schulen brauchen deshalb mehr Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund. Um auf die besondere Situation von Migrantenkindern adäquat eingehen zu können, sollte meiner Meinung nach bereits in der Lehrer-Ausbildung entsprechende pädagogische Konzepte vermittelt werden.
Die Berufsberatung für Schülerinnen und Schüler muss früher und besser als bisher erfolgen, um ihnen zu einem guten Übergang von der Schule in den Beruf zu verhelfen. Zudem brauchen wir für junge Menschen ein besseres Angebot an niedrigschwelligen Berufseinstiegsangeboten. Maßnahmekarrieren müssen verhindert werden. Weiterhin müssen die von Einwanderinnen und Einwanderern mitgebrachten Berufsausbildungen und -qualifikationen besser anerkannt werden.
Auch das bürgerschaftliches Engagement ist ein geeigneter und zentraler Weg, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, ohne dabei die eigene Identität zu verlieren. Die aktive Mitwirkung von Einwanderern in Vereinen, Organisationen etc. vermittelt Teilhabe- und Mitgestaltungsmöglichkeiten und fördert die Übernahme zivilgesellschaftlicher Verantwortung. Deshalb sollten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass sie auch den Bedürfnissen der Einwanderinnen und Einwanderer gerecht werden. Hierzu muss der Dialog mit Ausländervereinen und -verbänden intensiviert werden.
Für das Gelingen der Integration von Migrantinnen und Migranten ist die interkulturelle Öffnung aller Lebensbereiche der Gesellschaft erforderlich. Die migrationsspezifischen Beratung sollte in allen Integrationsphasen durch interkulturelle Kompetenz optimiert werden. Insbesondere sind die Qualifizierung und Stärkung der interkulturellen Kompetenz der öffentlichen Verwaltung sowie die Vernetzung von Institutionen und sozialen Diensten zu fördern.
Frage 4:
Diese spezielle Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, da mir die betriebswirtschaftlichen Komponenten der BUGA nicht ausreichend bekannt sind.
Frage 5:
Für mich als Sozialdemokrat ist es zuallererst notwendig, dass wir dafür sorgen, für alle Menschen gleiche und gerechte Lebenschancen zu ermöglichen. Entscheidend ist für mich die Vermindung von Armutsrisiken und die Überwindung von Ausgrenzung, denn dies dient zur Stärkung der Teilhabe- und Verwirklichungschancen des Einzelnen; vor allem durch bessere Bildung, bessere Gesundheit und den Zugang zu Erwerbsarbeit mit existenzsichernden Einkommen. Gute Bildungspolitik ist letztlich die beste, langfristig angelegte Sozialpolitik. Sie ist zugleich der entscheidende Schlüssel für eine Gesellschaft möglichst gleicher Chancen für alle. Daher wollen wir Sozialdemokraten in diesem Bereich für jeden Einzelnen langfristig mehr Geld zur Verfügung stellen als andere mit Mecklenburg-Vorpommern vergleichbare Bundesländer.
Zudem sind Grenzen zwischen Bildungs- und Sozialpolitik nicht mehr zeitgemäß. Ich setze mich deshalb dafür ein, dass beide Politikbereiche künftig gemeinsam gedacht und gezielt an geeigneten Stellen miteinander verzahnt werden. Dies muss in der Kinder- und Familienpolitik beginnen, dann in der Schul- und Hochschulpolitik fortgesetzt werden und schließlich in das lebensbegleitende Lernen münden. Im Zentrum des Sozialstaats muss meiner Meinung nach verstärkt eine Politik der sozialen Investitionen stehen, denn es ist nichts so sehr entscheidend für die Lebenschancen eines jeden Menschen wie dessen Ausbildung.
Die Grundsicherung für Arbeitssuchende setzt den Grundstandard im staatlichen Hilfesystem. Sie ist das Fundament des Sozialstaates in Deutschland. Ihre Aufgabe ist die Bekämpfung von Armut bei Arbeitslosigkeit und trotz Beschäftigung. Der Übergang von der Sozialhilfe zur Grundsicherung beinhaltet ein großes Versprechen, allen Menschen unbeschadet ihrer Lebenslage den Grundstandard zu sichern und daran sollte festgehalten werden. Menschen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, müssen von ihrer Arbeit auch menschenwürdig leben können. Wir Sozialdemokraten treten deshalb für existenzsichernde Einkommen ein. Für mich stehen dabei tarifvertragliche Lösungen im Vordergrund. Soweit möglich sollten tarifvertraglich festgelegte Löhne für allgemeinverbindlich erklärt werden. Ein bewährtes Instrument ist das Arbeitnehmerentsendegesetz für den Bausektor und die Seeschifffahrt. Es sollte auf weitere Branchen ausgedehnt werden, um branchenbezogene Mindestlöhne zu ermöglichen. In Branchen, in denen keine existenzsichernden Tariflöhne bestehen oder diese nicht eingehalten werden, muss nach unserer Meinung ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden. Von den bisherigen 15 EU-Mitgliedsstaaten verfügen 9 Länder über einen gesetzlichen Mindestlohn, ebenso neun der zehn neuen EU-Mitgliedsländer. Die Erfahrungen der anderen europäischen Staaten zeigen, dass ein gesetzlicher Mindestlohn nicht, wie gelegentlich behauptet wird, zu "erheblichen Beschäftigungseinbrüchen" führt.
Ein weiterer wichtiger Punkt stellt für mich die Fortsetzung des Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramms (ASP) des Landes dar, in das weiter investiert werden muss. Weil in Mecklenburg-Vorpommern mittelfristig noch nicht ausreichend Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden, müssen wir mit aktiver Arbeitsmarktpolitik Angebote schaffen, die eine gesellschaftliche Teilhabe Arbeitssuchender und ihre Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt verbessern. Das ASP ist zentraler Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik des Landes. Damit ergänzen wir die Bundesarbeitsmarktpolitik und investieren in die Köpfe und Fertigkeiten der Menschen in unserem Land. So sehe ich sinnvolle Maßnahmen im gemeinwohlorientierten Beschäftigungssektor. Beispielsweise wurde hier auf Landesebene die Landesinitiative Jugend- und Schulsozialarbeit bis in das Jahr 2013 auf dem Niveau des Jahres 2005 verstetigt.
Zudem setze ich mich dafür ein, dass Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden durch:
- Ausbau und Nutzung der Standortvorteile des Landes
- Stärkung des Tourismus
- Unterstützung von Wachstumsbranchen wie Holzwirtschaft, Biotechnologie und maritime Wirtschaft
- Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns zum Gesundheitsland
- Förderung moderner Technologien
- weiterer Ausbau der Verkehrswege, z. B. A14
- Abbau der Bürokratie und Modernisierung der Verwaltung.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Heydorn