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Frage von Verena R. •

Frage an Jörg Heydorn von Verena R. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Heydorn,
mit Erstaunen las ich Ende August in der SVZ Ihre Aussagen zu „positiven Effekten einer verlängerten Grundschulzeit“, „Die Kinder kennen sich und kennen die Lehrer“. Selbst wenn dieses Zitat nicht 100% korrekt sein sollte, Sie haben für das neue Schulgesetz der SPD gestimmt! Sie haben JA gesagt zu: deutlich größeren Klassen, größeren Schulen, nicht verlängerte Grundschulzeit sondern Wechsel an die Regionalschule mit neuen Lehrern und neuen Kindern aus anderen Grundschulen, nach 2 Jahren wieder neu gemischte Klassen mit neuen Lehrern für die verbleibenden Regionalschüler und zusätzlich ein weiterer Schulwechsel für die Gymnasiasten! Alle Schulexperten hatten dazu größte Bedenken geäußert! Weshalb soll diese für alle Kinder erschwerte Schullaufbahn in zusätzlich sehr großen Klassen ausgerechnet den zahlreichen Kindern aus Migrantenfamilien helfen, in unsere Gesellschaft integriert zu werden? Gerade diese Schüler brauchen doch - wie andere Kinder aus einem schwierigen sozialen Umfeld – besondere Zuwendung, überschaubare Lernbedingungen in kleinen Klassen und dauerhafte und verlässliche Bezugspersonen.
Das neue Schulgesetz verstärkt zudem den Zulauf an die Spezialgymnasien und an die Freien Schulen und es verstärkt damit die soziale Selektion: Wieso
soll diese schwierige Schullaufbahn unter schlechteren Rahmenbedingungen als bisher (28 Kinder in der 1. und 5. Klasse! UND eine Förderstunde weniger in der 5.Klasse) ausgerechnet schwächeren Schülern mehr Chancengerechtigkeit und bessere Grundlagen für eine gute Berufsausbildung bringen?

Mit freundlichem Gruß
Verena Riemer

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Sehr geehrte Frau Riemer,

herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte. Sie vermuten richtig: Ich bin in der SVZ NICHT richtig wiedergegeben worden. Denn mit dem Längeren Gemeinsamen Lernen verfolgen wir gerade keine Verlängerung der Grundschulzeit. Wir halten bewusst daran fest, dass mit der 5. Klasse der Fachunterricht beginnt. Allerdings wollen wir in der Tat, dass in Mecklenburg-Vorpommern die stärkeren und schwächeren Schüler länger gemeinsam lernen, sich gegenseitig helfen und so voneinander profitieren. Da Sie bestens mit der Schulpolitik des Landes vertraut sind, wissen Sie sicher auch, dass Herr Rainer Domisch, Mitarbeiter des finnischen Bildungsministeriums, unseren Weg mehrfach auf Veranstaltungen hier im Land als mutig, konsequent und richtig bezeichnet hat. Er berichtete, dass anfangs auch in Finnland teilweise große Zweifel an der finnischen Schulreform bestanden, sie heute aber niemand mehr in Frage stellt, weil das Längere Gemeinsame Lernen zu mehr Leistung und mehr Gerechtigkeit geführt hat.
Und damit komme ich zum entscheidenden Punkt: Im Zentrum des Längeren Gemeinsamen Lernens steht für uns nicht, dass derselbe Klassenverband möglichst lange gemeinsam lernt. Dies ist zwar wünschenswert, aber wie Sie selbst wissen in einem dünn besiedelten Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern nur dann zu leisten, wenn wir die Zahl der Grundschulen im ländlichen Raum weiter reduzieren. Im Hinblick auf möglichst kurze Fahrwege für die Kleinen wäre dies aus meiner Sicht problematisch. Entscheidend ist daher vielmehr, dass stärkere und schwächere Schüler gemeinsam lernen, einander helfen und solidarisch sind: Wir brauchen wieder einen größeren sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und dieser muss von klein auf beginnen.
Ich gebe ihnen dabei Recht, dass wir erst am Anfang stehen und noch nicht alle Rahmenbedingungen stimmen. Aber auch Finnland hat sein sehr gutes Schulsystem nicht über Nacht errichtet. Es wird daher darauf ankommen, Schritt für Schritt die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern. So setze ich mich z.B. dafür ein, dass alle weiterführenden Schulen künftig einen Schulsozialarbeiter haben. Irreführend ist dabei ihre Behauptung, die Förderstunden in Klasse 5 seien von 5 auf 4 Stunden gekürzt worden. Sie wissen selbst, dass dafür für die Klasse 6 zusätzlich 4 Förderstunden eingerichtet wurden. Während also bisher in Klasse 5 und 6 durchschnittlich 2,5 Stunden zur Verfügung standen, sind es in Zukunft 4 Stunden. Dies sollte man dann auch nicht verschweigen. Die Schulen können übrigens selbst entscheiden, wie sie diese Stunden verwenden. Es spricht nichts dagegen, auch weiterhin in Klasse 5 fünf Förderstunden zu halten und dafür in Klasse 6 nur drei. Aber das obliegt jeder Schule selbst.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg Heydorn