Frage an Jochen Partsch von Daniel F. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Partsch,
es ist schon irgendwie bezeichnend, dass es kein Themengebiet "Finanzen" gibt, dabei hängt doch davon alles ab. Der größte Fehler der Rot/Grünen-Regierung ist doch, dass sie weiter den Schuldenberg aufgehäuft haben. Damit leben wir weiterhin auf Kosten unserer Kinder. Hätten frühere Regierungen ein wenig sparsamer gewirtschaftet, bräuchte Herr Eichel keine Schulden mehr machen, sondern könnte jedes Jahr noch Milliarden für Soziales, Bildung, Umwelt etc. ausgeben.
Einsparungsmöglichkeiten gibt es genug. Was der Bund der Steuerzahler jedes Jahr auflistet ist, ist nur die Spitze des Eisberges. Ich kann auch die Kritik an HartzIV (bis auf ein paar Härtefälle) überhaupt nicht nachvollziehen. Ich kenne viele junge Leute, die mit HartzIV+ein wenig Schwarzarbeit besser stehen, als mit einer regulären Arbeit. Das Deutsche nicht mehr auf dem Feld arbeiten wollen, kann ich noch verstehen, aber die Bauern der Region finden ja nicht einmal mehr williges Verkaufspersonal und Fahrer! Mir als Gutverdienendem bleiben nach Abzug von Bafög-Rückzahlung, Kreditzinsen (Wohnung) und Rentenvorsorge auch nicht mehr - und ich lebe gut davon. Unsere Generation fühlt sich aber inzwischen ein wenig zwischen Schulden zahlen für die ältere Generationen, soziale Wohltaten für Arbeitsunwillige und Altersversorge erdrückt.
Wo ist bei den Grünen der Weitblick im Bereich Finanzen/Soziales, den sie ja immerhin in anderen Themenbereichen noch haben?
Sehr geehrter Herr Friedrich,
jetzt will ich auch Ihre Frage, die eigentlich ein Rundumschlag ist, noch schnell und kurz, aber geboten gründlich beantworten.
Zum Schuldenberg: Zu Beginn der rotgrünen Regierungszeit waren Haushaltssanierungen geplant, teilweise umgesetzt, letztlich ber bei weitem nicht ausreichend. Ein großer Teil der Schulden fällt aber in den Ländern und auch Kommunen an. Das Land Hessen, obwohl von großer Wirtschaftskraft, hat sich unter Roland Koch weit stärker verschuldet als unter rotgrün - für den Bund haben wir dagegen eine andere Tendenz, aber die Bilanz ist nicht ausreichend.
Deshalb können wir keine weiteren Steuersenkungen durchführen, wie sie CDU und FDP versprechen. Für meine Begriffe waren schon die Senkungen für die Unternehmen in den letzten Jahren zu weitreichend, da die Versprechen, im Gegenzug Arbeitsplätze zu schaffen, nicht eingehalten worden sind. Die neoliberalen Verheißungen haben sich nicht erfüllt.
Die Entkoppelung von wirtschaftlichen Gewinnen und staatlichen Einnahmen muss gestoppt werden, damit Geld für Kindergärten, Schulen, Universitäten, Forschungsinnovationen, Verkehrsinfrastruktur und vieles mehr vorhanden ist.
Mit der Einführung der solidarischen Bürgerversicherung werden wir die Krankenversicherung auf eine breitere und gerechtere finanzielle Basis stellen und eine Zweiklassenmedizin verhindern.
Zu Hartz IV: Wenn jemand zusätzlich zum ALG II schwarzarbeitet, dann ist das klar, dass er ein relativ gutes Einkommen erzielt - nur ist das nicht legal und illegales Verhalten gibt es auch bei Steuerhinterziehung und vielem anderen - das darf doch nicht unser Maßstab sein.
Hartz IV hat für viele Betroffene harte Einschnitte mit sich gebracht, Menschen, die jahrzehntelang in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben, werden nach einem Jahr auf das Niveau von Sozialhilfebzug geworfen. Das ist nicht in Ordnung. Hier müssen Leute die länger einbezahlt haben, auch einen längeren Bezug des ALG-I erreichen können. Alos, da gibt es einiges nachzubessern.
Arbeit fehlt, da geht es in den seltensten Fällen um "Wohltaten für Arbeitsunwillige", Sie sollten das nicht verallgemeinern. Wenn bei Opel in Rüsselsheim wegen falscher Produktpolitik tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, können Sie das nicht über Spargelstechen und Straßenkehren wettmachen - da machen Sie es sich zu einfach.
Wir brauchen neue Arbeit in zukunftsfähigen Branchen: Forschung, Bildung, neue Energie und nachwachsende Rohstoffe, ökologische Mobilität, Gesundheit um sie zumindest kurz zu nennen.
Durch die Einführung der Riester-Rente und betriebliche Renten neben der gesetzlichen Rentenversicherung versuchen wir auch in diesem Bereich eine bessere Basis zu bekommen. Aber die Probleme der alternden Gesellschaft löst das allein nicht. Also investieren wir in Betreuung und Familienpolitik: Wir haben das Kindergeld für das erste und zweite Kind von 112 Euro 1998 auf jetzt 154 Euro angehoben. Durch Steuererleichterungen und Finanzhilfen erhalten Familien jährlich 60 Milliarden Euro. Die Familienförderung haben wir gegenüber 1998 insgesamt verdoppelt.
Also Sie sehen: Wir haben viel erreicht, aber es bleibt noch viel zu tun.
Unterstützen Sie also bitte unseren Reformkurs.
Mit freundlichen Grüßen,
Jochen Partsch