Jochen Partsch
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jonas H. •

Frage an Jochen Partsch von Jonas H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Was muss Ihrer Meinung nach an Hartz3/4 im Kern geändert werden?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Jonas Hartmann,

in den zentralen Politikfeldern der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik brauchen wir eine ehrliche Bilanz der Regierungspolitik und wir müssen neue Antworten finden, die anschlussfähig sind an das, was vorliegt.
Wir müssen im Kern einerseits die leistungsrechtlichen Regelungen und arbeitsmarktpolitischen Instrumente so gestalten, dass sie einer wirklichen armutsfesten Grundsicherung entsprechen. Andererseits müssen wir das Prinzip des „Fördern und Fordern“ mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung verbinden. Auch deshalb brauchen wir einen qualifizierenden zweiten Arbeitsmarkt.
Konkret muss bei den so genannten Hartz-Gesetzen u.a. folgendes geändert werden:

- die Verbesserung der Stellung des hilfesuchenden Menschen im
Beratungsprozess,
- neue Beschäftigungsbrücken durch die Schaffung sozialer
Wirtschaftsbetriebe, in die Transferleistungen eingebracht und in denen
tariflich entlohnte Beschäftigungsverhältnisse begründet werden,
- die Übergangsphase des Bezugs von ALG I muss abhängig von der
tatsächlichen Erwerbstätigkeit gestaffelt auf bis zu drei Jahre ausgedehnt
werden. Die rigide Einjahresregel für den ALG I Bezug ist ungerecht.
- die Entkoppelung des Hilfebezugs vom Partnereinkommen,
- die Zuverdienstmöglichkeiten für ALG II EmpfängerInnen müssen verbessert
werden,
- die Regelsätze von ALG II und Sozialhilfe müssen bundesweit angeglichen
und angehoben werden,
- die Zumutbarkeit der Erwerbstätigkeit muss sich nach den ortsüblichen
Entgelten richten,
- die Umsetzung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente soll in Kooperation
von Agenturen und Kommunen von den Kommunen gesteuert werden,
- Aktive Arbeitsmarktpolitik darf nicht als Kostenfaktor der Lohnnebenkosten
begriffen oder sogar denunziert werden, sie stellt eine solidarische
Leistung unserer Gesellschaft dar und bietet intelligent organisiert für
viele Benachteiligte neue Chancen
- flankierend brauchen wir regional und branchenspezifisch differenzierte
Mindestlöhne

Soweit als Überblick.
Für die LAG Soziale Brennpunkte Hessen habe ich über viele Jahre Sozialverwaltungen und Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte beraten. Als Sozialausschussvorsitzender der Stadt Darmstadt kenne ich die kommunalen Anforderungen sehr genau. Wir dürfen uns keinesfalls aus diesen wichtigen Aufgabenfeldern zurückziehen, wie dies CDU und FDP fordern. Auch die Forderung „Hartz muss weg“ hilft uns nicht weiter. Wir brauchen finanzierbare und sinnvolle Kurskorrekturen. Dafür setze ich mich ein.

Mit besten Grüßen,
Jochen Partsch