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Jochen Esser
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Frage von Anja K. •

Frage an Jochen Esser von Anja K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Esser!

Aufgrund ihres Listenplatzes gehe ich davon aus, dass Sie auf jeden Fall den Sprung ins Abgeordnetenhaus schaffen und sich dann hoffentlich um die Belange des Bezirks bemühen werden. Deshalb wende ich mich mit folgender Frage an Sie.
Ich wohne nun schon seit ca. 19 Jahren direkt neben der Grunewald-Grundschule und habe selbst noch ein Kind in dieser Schule. Seit 19 Jahren ertrage ich die Ignoranz eines großen Teils der Eltern, die jeden Morgen massiv jeglichen Verkehrsfluss in der Straße unmöglich machen weil sie alle ihre Kinder direkt bis vor die Tür fahren müssen und oftmals noch selbst zusätzlich aussteigen um die Kinder zum jeweiligen Klassenraum zu begleiten. Auch die diesen Sommer zusätzlich aufgestellten Begrenzungsgitter auf dem Gehweg, die jetzt eigentlich nur noch eine kleine Lücke für die Schülerlotsen lassen, haben nichts daran geändert, dass jedes freie Stück Straße oder Bürgersteig, egal ob Halteverbot oder nicht, für das morgendliche Ich-bring-mein-Kind-direkt-bis-vor-die-Tür-Ritual genutzt wird. Schlimm finde ich dabei zwar auch aber insgesamt weniger, dass ich mich schon wiederholt anschreien lassen musste, weil ich mich wagte, diesen Zustand direkt bei den Schuldigen zu kritisieren. Viel schlimmer finde ich aber, dass die Kinder in einer eigentlich ruhig gelegenen Straße jeden Schultag mit erheblichem Verkehrsstress beginnen und große Mengen an Abgasen einatmen müssen, die durch den allmorgentlichen Stau vor der Schule entstehen.
Welche Möglichkeiten sehen Sie für mich als Bürgerin, aber auch für sich als zukünftigen Abgeordneten, diesem unhaltbaren Zustand endlich Einhalt zu gebieten. Über konstruktive Vorschläge wäre ich Ihnen wirklich dankbar.

Mit freundlichem Gruß
Anja Kubicki

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Kubicki,

Sie sprechen ein Problem an, das auch an anderen Schulen in Berlin unter Eltern kontrovers und zum Teil sogar erbittert diskutiert wird. Ich kenne persönlich die Situation vor der Grunewald-Schule leider nicht und bin insofern darauf angewiesen, auf Ihre Schilderung zu vertrauen.

Meine Tochter ist inzwischen erwachsen, so dass ich mit dem Problem nicht mehr unmittelbar konfrontiert bin. Persönlich bin ich der Meinung, dass die Kinder soweit und so früh es eben geht, zu Fuß zur Schulde gehen sollten. Das fördert ihre Selbständigkeit und verschafft ihnen Bewegung. Nach meiner Erfahrung kommen Kinder auch spätestens ab 10 Jahren sehr gut eigenständig mit den öffentlichen Verkehrsangeboten zurecht, wenn man Ihnen den Weg zeigt. Dennoch wird es je nach Alter und Schulweg immer Fälle geben, in denen es günstiger ist, die Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen.

Nun haben kein Abgeordneter, kein Parlament und kein Senat das Recht, Menschen zu verbieten, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen. Ich denke, das ist auch richtig so. Politik kann und darf nicht überall Gesetze erlassen. Viele Dinge des Zusammenlebens - vielleicht die allermeisten - muss die Gesellschaft selber regeln, indem sie Vereinbarungen und Verhaltensweisen findet, mit denen wir alle am Besten zurechtkommen. In der Regel klappt das ja auch. Wo es Konflikte gibt, muss man sie dann offen diskutieren.

Ich denke, dass ist auch in Ihrem Fall so. Eine Elternversammlung, die Diskussion in der Schulkonferenz, ein runder Tisch von Anwohnern, Schulleitung und Elternvertretern sind der erfogversprechendste Weg, um vielleicht zu eine anderen Situation vor der Schule und in Ihrer Straße zu kommen. Haben sie eine solche Initiative - vielleicht zusammen mit anderen Eltern oder Anwohnern - schon einmal probiert? Wenn dazu eine Hilfestellung oder Moderation aus dem politischen Raum gebraucht und gewünscht ist, stehe ich gerne zur Verfügung. Sie können mich per e-mail unter jochen.esser@gruene-fraktion-berlin.de
erreichen.

Im Übrigen glaube ich, dass das von Ihnen geschilderte Problem auch deshalb so stark zugenommen hat, weil die Eltern heute zumeist später arbeiten, als die Schule beginnt. Da können die Kinder auf dem Weg zur Arbeit noch an der Schule vorbeigebracht werden. Das war früher nur wenigen Menschen möglich. Ich frage mich ohnehin seit einiger Zeit, ob nicht eine Diskussion über den Schulbeginn in einer Dienstleistungsgesellschaft ansteht, in der immer größerer Teil der Bevölkerung erst gegen 9 Uhr beginnt zu arbeiten, während unsere Kinder die letzten Frühaufsteher bleiben. Käme ein späterer Schulbeginn, würde sich die Situation bei Ihnen vermutlich schlagartig entspannen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

Jochen Esser, MdA