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Joachim Schuster
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Frage von Andreas M. •

Frage an Joachim Schuster von Andreas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schuster,

die EU verfolgt weiterhin trotz folgenschwerer Krise ab 2008 einen extremen "Öffnungskurs" für Weltkonzerne und Finanzindustrie für unsere Märkte und umgekehrt. Die aktuellen Verhandlungen zu den Handelsabkommen beweisen, das wir europäischen Bürger nicht eingebunden werden sollen, da sich Widerstand formieren könnte wenn der tatsächliche Inhalt zu Tage kommt.

Der Abbau von lange Jahre hart erkämpften sozialen, wirtschaftspolitischen und umweltpolitischen Standards ist offensichtlich und gefährdet nicht nur den sozialen Frieden.

Sind Sie nicht auch daran interessiert die Inhalte dieser Verhandlungen aus den verschlossen Räumen zu erfahren um mitgestalten zu können?

Setzen Sie sich dafür ein, das wir Bürger den Inhalt dieser Abkommen erfahren und diskutieren können?

Haben Sie auch das Gefühl, das sehr viele Bürger besorgt über die undemokratische Vorgehensweise der EU sind?
Die aktuellen Verhandlungen zeigen auf, das Sie als Parlamentarier demnächst fast kein Mitspracherecht mehr in der Gestaltung unserer Politik haben werden. Beängstigt Sie das nicht?

Vielen Dank für Ihre kurze Rückmeldung
mit freundlichen Grüßen

Portrait von Joachim Schuster
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.,

ich kann viele ihrer Bedenken nachvollziehen und bin mit Ihnen der Meinung, dass wir den bedrohlichen Trends entgegentreten müssen.

Dazu ist es als erster Schritt erforderlich, für umfassende Transparenz politischer Handlungen der EU-Kommission zu sorgen. Dafür setze ich mich gemeinsam mit meinen Kollegen und Kolleginnen im Europäischen Parlament ein. In den letzten Wochen konnten wir dabei manche Erfolge erzielen. Inzwischen sind wichtige Papiere im Zusammenhang mit den geplanten umfassenden Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada veröffentlicht. Allerdings gibt es hier noch weitere Defizite. Insbesondere die Praxis, wichtige Papiere für die Abgeordneten nur in Lesesälen zugänglich zu machen, halte ich für völlig unangemessen. Deswegen werden wir weiterhin energisch für mehr Transparenz eintreten. Allerdings haben wir inzwischen insgesamt - auch Dank der öffentlichen Diskussion - ein Niveau an Transparenz erreicht, dass es uns Abgeordneten ermöglicht, nachzuvollziehen, welche politische Linie die EU-Kommission erfolgt. Ebenso basiert die öffentliche Debatte heute weitgehend auf veröffentlichten Fakten. So ist der Text des Abkommens mit Kanada auf offiziellen Seiten der EU-Kommission im Internet verfügbar.

Ich teile ihre Auffassung, dass zur Zeit die Interessen weltweit agierender Konzerne die Weltwirtschaft dominieren. Durch die ökonomische Globalisierung sind viele soziale, ökologische und arbeitsrechtliche Standards bedroht. Hier gilt es gegenzusteuern. Die Verhandlungen über die Freihandelsabkommen sind dabei aus einer Sicht nicht nur eine Gefahr, sondern können auch Chancen bieten, weltwirtschaftliche Standards zu setzen. Das setzt voraus, dass bestimmte "rote Linien" nicht überschritten werden:
- Es darf zu keiner Absenkung sozialer, ökologischer und arbeitsrechtlicher Standards kommen.
- Es darf nicht zur Einrichtung privater Schiedsgericht im Zusammenhang mit Investitionsschutz kommen.
- Die öffentliche Daseinsvorsorge darf nicht liberalisiert werden.
- Die sogenannte regulatorische Kooperation darf die Handlungsfähigkeit der demokratischen Gesetzgeber nicht einschränken.

Das Ganze wird sich nicht von allein durchsetzen lassen. Wir brauchen eine breite öffentliche Auseinandersetzung über die Inhalte dieser Abkommen. Ich will gerne meinen Teil dazu beitragen und freue mich, wenn auch sie sich weiter in dieser Hinsicht mit ihren Möglichkeiten engagieren.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Schuster